Eine Untersuchung der Vorgänge im Wirtschaftsbund würde dem Land obliegen

Politik / 15.02.2023 • 18:02 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner war im Juni im U-Ausschuss in Wien zu Gast. <span class="copyright">APA/Helmut Fohringer</span>
Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner war im Juni im U-Ausschuss in Wien zu Gast. APA/Helmut Fohringer

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl sammelte in seinem Entwurf für einen Abschlussbericht Erkenntnisse aus 85 Befragungen im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss.

Wien Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl hat seinen vorläufigen Schlussbericht über den „Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder“ fertiggestellt. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat diesen nun – pünktlich zum Ablauf der Frist – an die fünf Parlamentsfraktionen übermittelt, er liegt den VN vor. Auf den 500 Seiten spricht Pöschl einige Empfehlungen aus und fasst die wesentlichsten Erkenntnisse aus 85 Befragungen zusammen – oder auch, was eben nicht erfolgreich oder nicht zu Ende untersucht werden konnte.

“Kein Hinweis darauf …”

Zum Beispiel wird im Abschnitt über die Ergebnisse der Ausschussarbeit auch die Befragung von Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) angeführt. Bei seiner Befragung im Juni vergangenen Jahres beriefen sich die Abgeordneten vor allem auf die Schiene der mittelbaren Bundesverwaltung, um einen ausreichenden Bezug zum Untersuchungsgegenstand herzustellen. Dieser Themenkomplex hätte aber keine ausreichenden Ergebnisse gebracht: „Es ergab sich […] kein Hinweis darauf, dass Landeshauptmann Wallner als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung im Gegenzug für die antragsgemäße Erledigung behördlicher Verfahren […] um Inserate im Magazin des Wirtschaftsbundes Vorarlberg geworben hätte“, heißt es im Bericht.

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wachte während der Befragungen über die Einhaltung der Verfahrensordnung. <span class="copyright">APA/Tobias Steinmaurer</span>
Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wachte während der Befragungen über die Einhaltung der Verfahrensordnung. APA/Tobias Steinmaurer

„Dass es bei der Inseratengestaltung in diesem Magazin und bei diesbezüglichen Abgaben Unregelmäßigkeiten in Form von Korruption gegeben haben mag“, könne aber „dahingestellt bleiben“. Diese Beurteilung sei aber nicht vom Untersuchungsgegenstand gedeckt und müsse „vielmehr dem Land Vorarlberg in eigener Kompetenz vorbehalten bleiben“. Sprich: Weitere Informationen müssten in einem Untersuchungsausschuss auf Landesebene gesammelt werden.

Ermittlungsverfahren nach deutschem Vorbild

Empfohlen wird darin etwa die Schaffung einer unabhängigen, weisungsfreien Bundesstaatsanwaltschaft, aber auch “nicht öffentliche” Ermittlungsverfahren nach deutschem Vorbild. Zur Wahrung der Grund- und Persönlichkeitsrechte von Verfahrensbeteiligten sollte ein Straftatbestand geschaffen werden, der unter anderem die Veröffentlichung der Anklageschriften oder anderer amtlicher Dokumente eines Strafverfahrens verbietet, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen wurde.

Auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler forderte immer wieder eine Reform des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. <span class="copyright">APA/GEORG HOCHMUTH</span>
Auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler forderte immer wieder eine Reform des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. APA/GEORG HOCHMUTH

Zudem werden gesetzliche Schutzmaßnahmen für private Nachrichten (Chats) und Handydaten ebenso angeregt wie die Verabschiedung eines umfassenden Informationsfreiheitsgesetzes und – wohl mit Blick auf Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) – eine “Cooling-off-Phase” Minister und in der Gesetzwerdung verantwortliche Personen, die sich als Richter zum Verfassungsgerichtshof bewerben.

Mögliche Reformen in Verfahrensordnung

In puncto Verfahrensordnung regt der auf der Expertise von Pöschl beruhende Abschlussbericht unter anderem die Aufwertung der Position des Verfahrensrichters etwa bei der Erstellung der Ladungslisten oder eine eigenständige Befugnis bei der Entscheidung über die Zulässigkeit von Fragen an. Zudem sollte die Beugestrafe durch eine sanktionierende Verwaltungsstrafe ersetzt und ein Wiederholungstatbestand bei ungerechtfertigt verweigerten Antworten auf jede bestimmte Frage geschaffen werden.

Die Fraktionen haben nun 14 Tage Zeit ihre eigenen Berichte anzuhängen. Dann wird der Abschlussbericht dem Nationalrat übermittelt.

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