Kinder und Jugendliche reichen in Österreich Klimaklage ein

Die fehlenden Klimaschutzmaßnahmen verletzen Kinderrechte. Experten zweifeln an Erfolgschancen.
Wien Mehr als 14,5 Milliarden Euro flossen im Rahmen der Energiekrise in Subventionen, die letztendlich den Energieverbrauch und die Emissionen weiter steigen lassen. Das zeigt eine Analyse des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), in dem verschiedene temporären Hilfen für Haushalte und Unternehmen aufgeschlüsselt wurden, berichtet der “Standard”. Gleichzeitig fehlt weiterhin ein österreichisches Klimaschutzgesetz. Am Dienstag reichten nun zwölf Kinder und Jugendliche eine Klimaklage beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein. Die türkis-grüne Bundesregierung gefährde ihre Zukunft.
Berufung auf Kinderrechte
Die Klägerinnen und Kläger sind fünf bis 16 Jahre alt und berufen sich in der Klage auf ihre Kinderrechte, die in Österreich von der Verfassung geschützt werden. “Das nahezu unwirksame Klimaschutzgesetz von 2011 verletzt diese Kinderrechte”, lassen sie in ihrer Presseaussendung wissen. Sie würden durch die Maßnahmen der Regierung nicht “vor den lebensbedrohlichen Folgen der Klimakrise” geschützt werden. Damit sei das Klimaschutzgesetz verfassungswidrig.
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Vertreten werden sie durch Anwältin Michaela Krömer. Fridays For Future und der Verein Initiative für Klimarecht (CLAW) organisieren und unterstützen die Klage. Auch in anderen Ländern zogen Kinder bereits für den Klimaschutz vor Gericht: Beispiele sind Deutschland und Portugal.
“Wir Kinder und Jugendliche möchten nicht länger dabei zusehen, wie die Politik unsere Zukunft verbaut. Wir ziehen vor Gericht, denn so wie unsere Eltern haben auch wir Kinder das Recht auf eine Welt, in der wir sicher und glücklich leben können. Die Kinderrechte und die Verfassung sind auf unserer Seite”, sagte die 14-jährige Klägerin Smilla.

Hebel ist Gesetzgeber
Für Verfassungsjuristen Peter Bußjäger ist fraglich, ob sich der VfGH überhaupt damit befassen wird. “Der Verfassungsgerichtshof hat auch beispielsweise bei der Frage der Impfpflicht, die ja viel konkreter war, diese unmittelbare Wirksamkeit des Eingriffs in Verfassungsrechte in verschiedenen Konstellationen zunächst verneint. Die Anforderungen sind recht streng, um überhaupt vor den Verfassungsgerichtshof kommen zu können”, so Bußjäger.
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Es sei zu wenig – um sich Erfolgschancen mit dieser Klage ausrechnen zu können – einfach zu sagen, dass Kinderrechte im Verfassungsrang stehen. “Es muss konkret ein Gesetz angefochten werden und dieses Gesetz muss konkret auf den Einzelnen anwendbar sein”, so der Verfassungsjurist. Ob das beim Klimaschutzgesetz, das hier angefochten wird, der Fall ist, sei fraglich.
Selbst wenn der Antrag überhaupt behandelt wird, stellt sich ein Probem, das wiederholt zum Thema Klimaschutz diskutiert wurde: Die dritte Piste am Flughafen Schwechat. “Der VfGH hat in seinem diesbezüglichen Erkenntnis die österreichischen Bekenntnisse zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz als mehr oder weniger irrelevante Programmsätze in der Verfassung tituliert.”
Der Hebel für mehr Klimaschutz ist der Gesetzgeber, erinnert Bußjäger: “Ein Verfassungsgericht ist der falsche Adressat, um eine Änderung einer bloß rechtspolitisch als unerwünscht empfundenen Rechtslage herbeizuführen.” Der Verfassungsgerichtshof agiert als negativer Gesetzgeber, kann Gesetze nur als verfassungswidrig aufheben, für Klimaschutz sorgen müsse schon aber der demokratisch gewählte Gesetzgeber.
Und die Erfolgsaussichten?
Christoph Grabenwarter, Präsident des Verfassungsgerichtshof, äußerte sich erst im Jänner im VN-Interview zum Thema. Seit 2013 gibt es ein Verfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit. Die Republik bekennt sich dazu, „bestmögliche Lebensqualität“ für „zukünftige Generationen“ zu gewährleisten. Verpflichtend für bestimmte Klimaschutzmaßnahmen sei es aber nicht automatisch. In Österreich sei die Ausgangssituation anders, da das Gesetz nicht so klare Vorgaben enthält wie jenes in Deutschland. “Bei den bisherigen Verfahren haben wir noch keine Verletzung von Grundrechten festgestellt”, sagte Grabenwarter.
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