Warum Österreich (noch) nicht von russischem Gas loskommt

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat gezeigt, wie abhängig Österreich von russischem Gas ist. APA/Manfred Fesl
Im Jänner ist der Import wieder auf 71 Prozent gestiegen.
Wien Am Wochenende erstaunte diese Meldung: Tschechien macht sich unabhängig von russischem Gas. Ähnlich wie Österreich hat das Nachbarland in den vergangenen Jahren fast seinen gesamten Gasbedarf mit russischen Importen abgedeckt. Die Trendwende gelingt hierzulande jedoch nicht wie in Tschechien. Das hat unterschiedliche Gründe.
Wieviel Erdgas bezieht Österreich derzeit aus Russland?
Vor dem Ukraine-Krieg war Österreich zu etwa 80 Prozent von russischem Gas abhängig. Die türkis-grüne Regierung erklärte nach Beginn des russischen Angriffskriegs das Ziel, russische Gasimporte so rasch wie möglich zu reduzieren. In der wärmeren Jahreszeit stimmte die Richtung: Von Mai bis Oktober gelang es, den Anteil schrittweise von mehr als 70 auf knapp 20 Prozent zu reduzieren. Im November stiegen die Importe jedoch wieder auf 40 Prozent. Im Dezember kamen etwa 71 Prozent der Gasimporte aus Russland. Nicht nur der Anteil ist gestiegen, sondern auch die importierte Menge. Das geht aus dem Energie-Dashboard des Klimaministeriums hervor.
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Wieso ist die Abhängigkeit wieder so stark gestiegen?
Der Grund für den Anstieg im November und Dezember sind geringere Importe aus Deutschland und Italien bei gleichzeitig relativ konstanten Gasflüssen aus Russland. Die Gazprom hatte der OMV die Gasliefermengen, die in Baumgarten in Niederösterreich ankommen, über den Sommer stark gedrosselt, zuletzt aber wieder mehr geliefert.
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Ist ein kompletter Ausstieg aus russischem Gas kurzfristig überhaupt realistisch?
Es gibt Langfristverträge der teilstaatlichen OMV mit der russischen Gazprom, die erst 2018 unterzeichnet wurden. Die Details werden geheim gehalten. Der Vertrag beinhaltet aber, dass jährlich sechs Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland bezogen werden – und zwar bis 2040. Zuletzt hat Gazprom seine Lieferverpflichtungen gegenüber der OMV wieder zu hundert Prozent erfüllt. Teilweise wurden 2022 nur rund 30 Prozent geliefert. Da die Vertragsdetails jedoch unter Verschluss sind ist unklar, ob es sich dabei um einen Vertragsbruch handeln könnte.
Kann Österreich diese Verträge vorzeitig verlassen?
Es wurde nach Ausbruch des Kriegs zwar beschlossen, keine weiteren Investitionen zu tätigen, doch die Verträge sind weiter gültig. Sprich: Selbst wenn die Verträge vorzeitig gekündigt würden und kein Gas mehr fließt, müsste Österreich bezahlen. Die OMV gilt übrigens als großer Profiteur der Krise: Die durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine stark gestiegenen Gaspreise spülten im Geschäftsjahr 2022 einen Gewinn von 5,175 Milliarden Euro in die OMV-Betriebskasse.

Wie hat Tschechien das geschafft?
Zum einen sind die vertraglichen Voraussetzungen in Tschechien anders. Zum anderen ist es dem Land nach dem Wegfall der Lieferungen über die Nordstream-Pipeline gelungen, diese durch Importe über Deutschland aus anderen Quellen zu ersetzen. Vor allem gehe es dabei um Gasimporte aus Norwegen sowie Flüssiggas aus Belgien und den Niederlanden, hieß es.
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Wie geht es anderen Ländern mit dem Gasausstieg?
Die pinke Bildungsakademie, das Neos Lab, beobachtet die Gas-Importe aus Russland seit einem Jahr. Demnach ist Österreichs Abhängigkeit gegen den Trend in Europa gestiegen. Insgesamt habe Europa noch nie so wenig russisches Gas bezogen wie in den vergangenen Wochen. Österreich werde immer mehr zu einem Sonderfall innerhalb der EU, so Neos-Lab-Direktor Lukas Sustala. Ein Grund dafür sei, dass die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien in Österreich stagniere. Ein anderer sei, dass Österreich seinen Gasverbrauch weniger stark gesenkt habe als die meisten anderen EU-Länder.
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