Primärversorgungseinheiten: Bregenz Vorkloster macht Anfang

Erste PVE soll im Herbst 2023 eröffnen.
Magdalena Raos, Julia Schilly
Schwarzach, Wien Primärversorgungseinheiten (PVE) lassen weiter auf sich warten. Es handelt sich um Zentren oder Netzwerke, in denen mindestens drei Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner, diplomierte Pflegekräfte, und beispielsweise Sozialarbeiterinnen- und Sozialarbeiter, Physiotherapeutinnen und -therapeuten oder andere Gesundheitsberufe tätig sind. PVE gibt es bereits in mehreren Bundesländern, 39 an der Zahl. In Vorarlberg existiert noch keines. In einer aktuellen SPÖ-Anfragebeantwortung berichtet Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) aber von einer konkreten Initiative in Bregenz-Vorkloster. Dort hätten die Verhandlungen finalisiert werden können.
Lange Wartezeiten “Normalität”
SPÖ-Abgeordnete Elke Zimmermann thematisiert in der Anfrage lange Wartezeiten bei Kassenärzten. Diese seien in vielen unterschiedlichen Bereichen zur “Normalität” für Menschen geworden, die keine Zusatzversicherung hätten. „Wir wollen keine Zweiklassenmedizin, bei der sich die Besserverdienenden kurze Wartezeiten bei einer Wahlärztin beziehungsweise einem Wahlarzt sichern können, der Rest sich aber wochenlang für einen Termin bei einer Kassenstelle anstellen muss.“
Wiederholt sei die Rede davon gewesen, PVE und Gruppenpraxen weiter voranzutreiben. Dadurch könnte man einerseits die Öffnungszeiten ausdehnen, andererseits wäre es auch für die Ärztinnen und Ärzte lukrativer, erläutert Zimmermann. Denn die Arbeit im Team wäre eine Alternative zum Einzelkämpfertum.

Eröffnung im Herbst geplant
Rüscher verweist in der Anfragebeantwortung eingangs darauf, dass die Zuständigkeit grundsätzlich bei den Krankenversicherungen und den Ärztekammern liege. Die Länder haben sich zur Mitfinanzierung bereit erklärt. Nach Auskünften von Krankenversicherung und Ärzten, welche die Verhandlungen federführend leiteten, habe sich bislang eine konkrete Initiative in Bregenz-Vorkloster ergeben. „Dieses Versorgungskonzept ist zwischenzeitlich von allen Seiten freigegeben, die Eröffnung dieses ersten PVEs in Vorarlberg ist im Herbst 2023 geplant.“
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Die Grafik stammt vom 2. März.
Weitere Anfrage für PVE in Hohenems
Die Landesrätin thematisiert außerdem eine Anfrage in Hohenems. Dafür brauche es aber erst Rahmenbedingungen. „Zudem gibt es laut ÖGK Interessenten für PVE im kinderärztlichen Bereich.“ Dafür müsse aber die geplante Gesetzesänderung abgewartet werden. Die ÖVP-Politikerin bezeichnet die Gründung einer PVE grundsätzlich als „aufwendigen und zeitintensiven Prozess“.

Rauch will PVEs fördern
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) will das ändern. Im März nannte er als Ziel eine Verdreifachung der Zentren bis 2025. Die gesetzlichen Vorgaben sollen dafür angepasst werden, die VN berichteten. Sind in einer Versorgungsregion zwei Stellen von Allgemeinmedizinern oder Kinderärzten unbesetzt, haben Kasse und Kammer demnach künftig sechs Monate Zeit, neue Ärzte zu finden. Danach können Landesregierung und ÖGK gemeinsam eine PVE ausschreiben.
Eine Zustimmung der Ärztekammer wäre nicht mehr nötig. Diese hatte Rauch als Blockierer ausgemacht, was die Kammer wiederum bestritt. Vorgesehen ist künftig etwa auch, dass sich neben Allgemeinärzten auch Kinderärzte bewerben können, Mangelberufe wie Gynäkologen würden bei der Gründung bevorzugt. Auch sollen sich Ärzte ohne Kassenvertrag beteiligen.

Neos schlagen weiteres Modell vor
Die Neos schlagen hingegen vor, das Primärversorgungsgesetz so aufzumachen, dass neben Ärzten auch andere eine PVE gründen können. Damit wäre das Feld an Verhandlern erweitert. “Als das Primärversorgungsgesetz geschrieben wurde, wurde auch auf Druck der Ärztekammer hineingeschrieben, dass ein Primärversorgungszentrum nur von Ärzten betrieben werden darf”, sagt Gerald Loacker, Wirtschaftssprecher der Neos. Das heißt, es könne auch kein Unternehmen ein Gesundheitszentrum betreiben. Loacker betont, dass damit jedoch ein weiterer Verhandlungspartner am Feld wäre. “Die ÖGK könnte der Ärztekammer damit ganz anders gegenübertreten”, so Loacker weiter.
“Wir haben in Österreich grundsätzlich genug Ärzte und Studienplätze. Das ist nicht das Problem. Aber wir haben zu viele Spitäler”, sagt Loacker. Er bringt einen Vergleich: Der Schweizer Kanton mit den meisten Spitalsbetten habe weniger Betten pro Tausend Einwohner als das österreichische Bundesland mit den wenigsten Spitalsbetten – das ist Vorarlberg. “Wir haben eine zu dichte Spitalsstruktur, das saugt auch Ärzte ab, die dann im niedergelassenen Bereich fehlen.”
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