Noch etwas Zeit für die Ukraine

Kiew schließt eine sofortige Gegenoffensive im Kampf gegen den russischen Aggressor aus.
Moskau Die seit Langem erwartete Gegenoffensive der Ukraine zur Befreiung der von Russland besetzten Gebiete wird sich nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj noch etwas verzögern. Sein Land warte noch auf zugesagte Ausrüstung. Zwar könne die Ukraine auch jetzt schon erfolgreich angreifen. „Aber wir würden viele Menschen verlieren. Ich finde, das ist inakzeptabel“, sagte Selenskyj. Konkret nannte der Staatschef gepanzerte Fahrzeuge, die noch nicht eingetroffen seien.
Neue Waffenlieferungen
Unterdessen teilte Großbritannien mit, dass es Marschflugkörper des Typs „Storm Shadow“ liefere. Dieses Waffensystem böte der Ukraine die beste Möglichkeit, sich zu verteidigen, sagte Verteidigungsminister Ben Wallace. Damit könnte die Ukraine praktisch alle von Russland besetzten Gebiete erreichen. Bei der umkämpften Stadt Bachmut erzielte die Ukraine nach eigenen Angaben erstmals wieder größere Geländegewinne.
Die von Flugzeugen aus abgeschossenen Lenkflugkörper, die von Großbritannien und Frankreich gemeinsam entwickelt wurden, haben laut Hersteller eine Reichweite von mehr als 250 Kilometern. Damit können sie Ziele auch auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim erreichen. Die von der Ukraine mit Erfolg eingesetzten Mehrfachraketenwerfer vom US-Typ Himars haben nur eine Reichweite von 80 Kilometern. Zudem sind die tieffliegenden „Storm Shadow“ nur schwer abzufangen, haben eine hohe Treffergenauigkeit und sehr große Sprengkraft.
Nach Angaben Moskaus dauern die russischen Angriffe an. „Die Sturmabteilungen führen im Gebiet Donezk ihre Angriffe im westlichen Teil der Stadt Artjomowsk (sowjetischer Name von Bachmut) fort. Die Luftlandetruppen haben sie dabei unterstützt und die Einheiten der ukrainischen Streitkräfte an den Flanken gebunden“, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Dabei seien 230 Gegner getötet und mehrere Militärfahrzeuge, darunter eine Haubitze außer Gefecht gesetzt worden. Zuvor hatte die ukrainische Armee mitgeteilt, sie habe die russischen Truppen stellenweise bis zu zwei Kilometer zurückgedrängt. Die Angaben konnten zunächst nicht geprüft werden.
Der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, erneuerte seinen Vorwurf, das Militär unterstütze seine Einheiten bei Bachmut nicht ausreichend. Das unabhängige Internetmedium Medusa berichtete, die ständigen Angriffe Prigoschins auf Moskau hätten begonnen, „die oberste Führung des Landes ernsthaft zu beunruhigen“. Vor einigen Tagen hatte der Wagner-Chef etwa gesagt: „Ein glücklicher Opa denkt, dass alles gut ist. Aber was soll das Land tun, wenn sich herausstellt, dass dieser Opa ein völliger Idiot ist?“ Anschließend gab es eine Diskussion darüber, ob Prigoschin damit Russlands Präsident Wladimir Putin gemeint haben könnte.
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.