Kampf um SPÖ-Vorsitz: “Am Ende gibt es da keine Gewinner”

SPÖ-Spitzenkandidat Babler sorgte mit Aussagen über die EU für Erstaunen. Er sieht sich falsch verstanden.
Wien Dienstagabend sorgte ein Videoausschnitt von einem Gespräch zwischen dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) und dem SPÖ-nahen PR-Berater Rudolf Fußi für Erstaunen. Pünktlich vor dem Sonderparteitag am Samstag in Linz, bei dem Babler gegen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil um den SPÖ-Parteivorsitz rittert, tauchte im Kurznachrichtendienst Twitter ein Clip aus 2020 auf. Die EU sei das “aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat” und in der Doktrin “schlimmer als die NATO”, meint Babler darin.
“Wenige Tage vor dem Parteitag wird ein drei Jahre altes Interview von mir verbreitet”, merkte Babler nun am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme an. Seine Formulierung “mag überzogen sein”, doch sollte man nun nicht “über semantische Spitzfindigkeiten” diskutieren. Die EU solle sozialer und bürgernäher gestaltet werden.
Ludwig übt Kritik, Doskozil schweigt
Seine Kritik an der EU sei “immer stark von meiner Perspektive als Bürgermeister von Traiskirchen geprägt” gewesen, erklärte Babler. Er erlebe “das Scheitern der EU-Flüchtlingspolitik jeden Tag vor der Haustür”. An Europas Außengrenzen fänden schwere Menschenrechtsverletzungen statt.
Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig forderte dennoch am Mittwoch an der möglichen neuen Spitze der Partei eine “klare Positionierung für einen pro-europäischen Weg”. Ludwig betonte die Bedeutung der EU als Friedensprojekt, er selbst sehe “viel Potenzial in der Weiterentwicklung der EU zu einem gemeinsamen Europa”. Nicht zu Bablers Aussagen äußern wollte sich sein Kontrahent, der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.
Denn auch wenn die Aussagen Teil eines längeren Gesprächs im Rahmen eines Podcasts waren, sind sie unmissverständlich. Babler betont etwa, dass er schon in der Bewegung “gegen dieses Konstrukt” aktiv gewesen sei. Er habe ein “imperialistisches Projekt mit ein paar Sozialstandards” gesehen. Für einen EU-Austritt warb und wirbt der Bürgermeister aber nicht.
Stainer-Hämmerle: Unvorsichtig
Natürlich schaden die Aussagen von 2020 nun Babler, sagt Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle den VN. Damit habe er sich als Spitzenkandidat der SPÖ, aber vor allem als Bundeskanzler etwas disqualifiziert. Babler habe sich wohl in der Vergangenheit keine bundespolitische Karriere vorgenommen und sei daher teilweise etwas unvorsichtig gewesen. Stainer-Hämmerle ergänzt mit Blick auf jüngste Aussagen im Fernsehen: “Aber er ist es auch jetzt noch, Stichwort: ‘Ich bin ein Marxist.'”
Interessant sei der Zeitpunkt, an dem das Video aufgetaucht ist, sagt sie: “Dirty Campaigning gibt es offensichtlich auch innerhalb der Partei. Aber es ist natürlich parteischädigend, genauso wie es insgesamt Image-schädigend für die Politik ist, wenn man es zwischen Parteien macht. Am Ende gibt es da keine Gewinner.”
Babler in schwieriger Position
Insgesamt befinde sich der Traiskirchner Bürgermeister in einer schwierigen Position, so die Politologin: “Babler kann nur enttäuschen. Bislang hat er seine Anhänger mit seinem Habitus, Dialekt und mit Klassenkampfparolen überzeugt. Diese müsste er aber ablegen, wenn er Bundeskanzlerkandidat wird. Dadurch würde er aber seine Anhänger enttäuschen. Wenn ihm dieser Wechsel aber nicht gelingt, schafft er Platz eins nicht.”