Schallenberg sieht im Beitritt zu “Sky Shield” keinen Neutralitätsbruch, die FPÖ schon

Der Außenminister zu geplanter Beteiligung an europäischem Luftraum-Verteidigungssystem: “Nur pooling and sharing” und keine Militärallianz
Wien Der geplante Beitritt Österreichs zum europäischen Luftraum-Verteidigungssystem “Sky Shield” ist laut Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) kein Bruch der österreichischen Neutralität. “Sky Shield” sei keine NATO-Initiative und kein Beitritt zu einer Militärallianz, sondern lediglich “die Zusammenarbeit einer Reihe von Staaten”, betonte der Außenminister. Es gehe bei der Initiative um “pooling and sharing”.
Schallenberg verwies darauf, dass sich mit Frankreich ein wichtiges NATO-Mitglied nicht an der Initiative beteilige. Er räumte ein, dass Österreich, abgesehen von NATO-Aspirant Schweden, derzeit der einzige Nicht-NATO-Staat ist, der sich der Initiative anschließen will. Die Neutralität Österreichs bleibe bei einer Teilnahme an “Sky Shield” zu 100 Prozent gewährt, so der Minister.
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Auf Nachfragen betonte Schallenberg das Bekenntnis der Bundesregierung zur immerwährenden Neutralität Österreichs und stellte in Abrede, dass es sich bei “Sky Shield” möglicherweise um eine Militärallianz handeln könnte. Schallenberg begründete dies mit dem Fehlen einer Beistandsklausel: “Es gibt keinen Automatismus. Es ist einfach das, dass man Information teilt”.
Die “European Sky Shield Initiative” (ESSI) ging vom EU- und NATO-Land Deutschland aus und umfasst derzeit 17 Länder. Beteiligt sind seit dem vergangenen Oktober zudem die NATO-Mitglieder Großbritannien, die Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, die Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen. Im Februar schlossen sich auch Dänemark und der NATO-Beitrittskandidat Schweden dem Projekt an. “Sky Shield” soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europa zu schließen.
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Mit “Sky Shield” werde ein satellitengestützter Schutzschirm über die teilnehmenden Länder gelegt, der Drohnen und Raketen frühzeitig erkennen und abwehren kann, heißt es in einer Pressemitteilung von Bundeskanzleramt und Verteidigungsministerium. Die gestiegene Bedrohungslage äußere sich in drei Faktoren, gegen die “Sky Shield” den notwendigen Schutz bieten soll: Angriffe durch Drohnen oder Bedrohung durch fehlgeleitete Drohnen, Bedrohung durch militärische Flugzeuge im europäischen Luftraum sowie Bedrohung durch ballistische oder atomare Raketen im europäischen Luftraum.
FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte davor in einer Aussendung den geplanten Beitritt Österreichs zu dem europäischen Luftraum-Verteidigungssystem scharf kritisiert und dadurch eine Gefährdung der Neutralität Österreichs geortet. Kritisch äußerte sich die FPÖ zu den Aussagen des Außenministers. “Bei jeder EU-Schandtat mitmachen und gleichzeitig auf die Neutralität pochen, das geht sich am Ende des Tages nicht aus”, sagte FPÖ-Außenpolitiksprecher Axel Kassegger. Schallenbergs Persilschein für “Sky Shield” sei insofern bedenklich, als er selbst in einem Interview mit dem “Deutschlandfunk” bekräftigt habe, dass sich Österreich keiner Verteidigungsallianz anschließen werde. Ähnlich bedenklich fand Kassegger, dass sich Schallenberg nicht bedingungslos für ein Kriegsende und ernsthafte Verhandlungen in der Ukraine einsetze.
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NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff begrüßte indes, dass die Bundesregierung “langsam aus ihrem sicherheitspolitischen Winterschlaf erwacht”. Nun dürfe es aber nicht bei einer Absichtserklärung bleiben, da der Beitritt zu “Sky Shield” nicht ausreiche, um Österreichs Sicherheit zu gewährleisten. “Es ist höchste Zeit für ein klares Bekenntnis zur europäischen Verteidigungsunion”, so Hoyos-Trauttmansdorff. Kritik übt er an Schallenbergs Weigerung, die Ukraine bei der humanitären Entminung zu unterstützen. “Von voller Solidarität zu sprechen und sich dann in diesem Punkt auf die Neutralität auszureden, geht sich nicht aus”, so Hoyos-Trauttmansdorff.
Der Militärexperte Walter Feichtinger begrüßt die geplante Teilnahme Österreichs und sieht kein Problem mit der Neutralität: “Mit der Neutralität hat das überhaupt nichts zu tun, weil wir immer autonom entscheiden können”, erklärte er am Samstagabend in der ZiB1. Es gehe darum, “den Anschluss nicht zu verpassen und nichts Falsches zu kaufen”. Die Beteiligung am Abwehrschirm bedeute “nicht, dass man gemeinsam schießt, sondern dass man gemeinsam plant und überlegt, welche Systeme am besten zusammenpassen.”