Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Bürgermeisterland

Politik / 18.07.2023 • 17:59 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Grafenwörth ist rund 600 Kilometer von Bregenz entfernt. Es gibt wohl kaum einen Grund, diesem beschaulichen Ort an der Donau einen Besuch abzustatten, höchstens auf dem Weg ins benachbarte Zwentendorf oder zum Orchesterfestival in Grafenegg. Einiges Interesse hat in den letzten Jahren der umstrittene Bau eines buddhistischen Tempels in der 3.500 Einwohner-Gemeinde hervorgerufen. Nach langem Ringen mit den Anrainern und einem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes wurde dieser Stupa vor einem Monat eröffnet.

Darüber freute sich besonders Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP), der seit 1990 den Ort politisch führt. Bekannter ist Riedl als Präsident des Österreichischen Gemeindebundes und somit als oberster kommunaler Interessensvertreter. Noch bekannter sind er und seine Gemeinde nun durch einen Interessenskonflikt geworden, der dem Multifunktionär ein beachtliches Körberlgeld bescherte. Als betroffener Grundstücksbesitzer und politisch Verantwortlicher für die Umwidmung soll er 500.000 Euro verdient haben. In der Finanzwelt würde wohl ein Insidergeschäft vermutet werden. Die Abstimmung im Gemeinderat für das Grafenwörther„Mini-Dubai“ erfolgte jedenfalls einstimmig unter Vorsitz des langjährigen Bürgermeisters.

Über die Abläufe wurde bereits im Herbst 2021 berichtet. Weder der Gemeindebund noch Riedl selbst sahen damals die Notwendigkeit für Konsequenzen. So ist es geblieben. Der Riedl beigestellte Generalsekretär des Gemeindebundes betont, dass es bei Umwidmungen immer zu „persönlicher Betroffenheit und Profiteuren“ kommen könne. Mit dem Argument, dass Landwirte als Bodenbesitzer dann von der Politik ausgeschlossen werden müssten oder gar Vorgaben aus dem fernen Wien kämen, schießt Walter Leiss wohl bewusst weit über das Ziel.

„Noch bekannter sind Riedl und seine Gemeinde nun durch einen Interessenskonflikt geworden, der dem Multifunktionär ein beachtliches Körberlgeld bescherte.“

Mehr Transparenz und mehr Bewusstsein für persönliche Vorteile würden reichen. Hier sind aber auch die Wähler gefragt. Bürgermeister müssen sich in der Gemeinde direkt ihrer Verantwortung stellen. In Niederösterreich allerdings nicht in Form einer Direktwahl durch das Volk wie in Vorarlberg, sondern nur durch eine Mehrheit im Gemeinderat. Die Zweidrittelmehrheit der ÖVP ist hier wohl ein gemütliches Ruhekissen für Riedl.

Der Zuverdienst des Gemeindebundpräsidenten kommt zur Unzeit. Generell, weil er das immer noch hohe Vertrauen in Bürgermeister schwächt. Besonders, weil er die Position der Gemeinden bei den Finanzausgleichsverhandlungen mindert. Niemand gibt gerne Kompetenzen ab. Aber man muss sich dieser auch würdig erweisen.
Der Fall Riedl ist kein Einzelfall, aber er zeigt wieder einmal, wie notwendig eine Diskussion über Unvereinbarkeits- und Befangenheitsregeln bei kommunalen Widmungsfragen ist. Selbst wenn dann manchen eine politische Karriere weniger attraktiv erscheint.

FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.