Das sagen Bürgermeister über Tempo 30

Politik / 31.07.2023 • 13:45 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Geht es nach den Plänen Gewesslers, kann der Gemeinderat bald eigenständig in besonders sensiblen Bereichen Tempo 30 verhängen. <span class="copyright">APA/Schlager</span>
Geht es nach den Plänen Gewesslers, kann der Gemeinderat bald eigenständig in besonders sensiblen Bereichen Tempo 30 verhängen. APA/Schlager

Kommunen könnten mehr Spielraum bekommen, um Geschwindigkeit innerorts zu drosseln.

Schwarzach Künftig soll es für Gemeinden einfacher werden, innerorts Tempo 30 zu verhängen. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag hat Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) kürzlich der ÖVP übermittelt. In Vorarlberg sehen mehrere Bürgermeister Verbesserungsbedarf, was die bisherige Praxis angeht.

Höherer Aufwand

Momentan ist es nämlich vergleichsweise aufwendig, eine Temporeduktion im Ortsgebiet umzusetzen. Dafür muss nachgewiesen werden, dass diese erforderlich ist. Es braucht einen Sachverständigen und ein Gutachten. Gewessler sprach von einem „riesigen bürokratischen Aufwand“. Künftig ist ihren Plänen zufolge vorgesehen, dass es in besonders sensiblen Zonen im Ortsgebiet, zum Beispiel Kindergärten, Schulen, Rathäusern oder Pflegeeinrichtungen, keinen Nachweis mehr für eine Temporeduktion braucht. Dann könnte der Gemeinderat das niedrigere Tempo eigenständig verhängen. Auch für das restliche Ortsgebiet soll das Prozedere einfacher werden.

Damit folgt sie einem Wunsch der Mobilitätsorganisation VCÖ, des Städtebundes sowie mehreren österreichischen Gemeinden und Städten. Vom Gemeindebund gab es am Montag Zuspruch für Gewesslers Pläne. „Das ist eine wichtige und hilfreiche Maßnahme, die die Verkehrssicherheit in den Städten und Gemeinden rasch und ohne großen Bürokratieaufwand verbessert“, hielten die beiden Vizepräsidenten Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger in einer gemeinsamen Aussendung fest. Laut VCÖ kam es in Vorarlberg im letzten Jahr im Ortsgebiet im Schnitt alle fünf Stunden zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein Mensch verletzt wurde. Der Verein listete 55 Kommunen des Landes auf, die sich für die Änderung der Straßenverkehrsordnung ausgesprochen hatten, um leichter innerorts Tempo 30 umsetzen zu können. Darunter ist die Landeshauptstadt.

Der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch hofft, dass sich in der Landeshauptstadt versuchsweise überall Tempo 30 umsetzen lässt. <span class="copyright">VN/Lerch</span>
Der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch hofft, dass sich in der Landeshauptstadt versuchsweise überall Tempo 30 umsetzen lässt. VN/Lerch

Tempo 30 in ganz Bregenz

„Wir haben bereits auf allen Gemeindestraßen Tempo 30 beschlossen“, sagt der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch (SPÖ) zu den VN. Auf den Landstraßen seien die Möglichkeiten für die Gemeinden aber beschränkt. „Dabei wäre die Stadt der Zukunft Tempo 30 ohne Ampeln. Das würden wir gerne versuchsweise ausprobieren.“ Ritsch hofft, dass sich solche Ideen durch die geplante Gesetzesänderung einfacher umsetzen lassen. Insbesondere der Sicherheitsaspekt stehe im Fokus. Auch für den Verkehrsfluss sieht er Vorteile. „Während der Baustelle auf der Pipeline galt auf dem Abschnitt in Lochau eine 30er-Beschränkung. Beim HTL Kreisverkehr gab es fast keinen Stau.“

Florian Kasseroler, Bürgermeister von Nenzing, unterstreicht den Sicherheitsaspekt. <span class="copyright">VN/Lerch</span>
Florian Kasseroler, Bürgermeister von Nenzing, unterstreicht den Sicherheitsaspekt. VN/Lerch

Auch Florian Kasseroler (FPÖ), Bürgermeister von Nenzing, begrüßt das Ansinnen des Bundes. „Wir sind ohnehin gerade dabei, im Zuge der Ortskernentwicklung Tempo 30 umzusetzen.“ Es gebe dafür eine Mehrheit in der Gemeindevertretung. Gleichzeitig betont Kasseroler: „Man muss es nicht übertreiben.“ Es existierten auch Straßen, die eine schnellere Geschwindigkeit zulassen würden. Befragt zu möglichen Vorzügen von Tempo 30 sagt auch er: „In erster Linie geht es um die Verkehrssicherheit.“

Laut Katharina Wöß-Krall (ÖVP), Gemeindechefin von Rankweil muss Tempo 30 wiederum immer mit einer durchdachten Gestaltung des Straßenraums einhergehen. „Denn je mehr Qualität eine Straße durch Bäume, Wasser, Sitzgelegenheiten und sinnvolle Belagsgestaltung hat, desto eher wird ein geringeres Tempo akzeptiert.” Als Beispiel führt Wöss-Krall die Rankweiler Ringstraße an. Die für eine Gestaltung notwendigen Verfahren im Hintergrund bezeichnet sie als zeitlich und inhaltlich aufwendig, zumal es sich um eine Landstraße handle.

Der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann (ÖVP) hat die Initiative von VCÖ, Städtebund und Gemeinden zwar nicht unterstützt. Doch auch er betont: „Gerade bei Landstraßen braucht es eine Erleichterung.“ Oft könnte aus seiner Sicht schon Tempo 40 eine Verbesserung bringen. Das Wichtigste sei die Sicherheit, sagt Tschann. Neuralgische Punkte, etwa bei Schulen, bräuchten besonderes Augenmerk. Vorarlberg befinde sich auf einem guten Weg. Gemeinden und Land müssten zusammenarbeiten. „Da gibt es aber noch Luft nach oben.“

Gerade auf Landstraßen brauche es eine Erleichterung, sagt der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann.<span class="copyright"> Stadt Bludenz </span>
Gerade auf Landstraßen brauche es eine Erleichterung, sagt der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann. Stadt Bludenz

Auch Andelsbuch steht nicht auf der Liste des VCÖ. Bürgermeister Bernhard Kleber (ÖVP) bekräftigt indes: „Grundsätzlich glaube ich, dass es wichtig ist, die Geschwindigkeit in den Zentren zu verlangsamen.“ In Andelsbuch gebe es etwa schnellen Durchzugsverkehr. Für andere Verkehrsteilnehmer wie Fahrradfahrer oder Fußgänger könne die Situation belastend sein. Die Gemeinde beschäftige sich zuerst einmal mit Maßnahmen, die eine entsprechende Beschränkung überhaupt rechtfertigen würden. Spruchreif sei aber noch nichts.

Wie seine Amtskollegen unterstreicht Kleber den Sicherheitsaspekt, beispielsweise für Kinder, die sich auf dem Schulweg befinden. Dazu komme Lärmreduktion durch ein niedrigeres Tempo.

Bernhard Kleber, Bürgermeister von Andelsbuch, verweist neben der Sicherheit auch auf den Lärm. <span class="copyright">VN/Kaufmann</span>
Bernhard Kleber, Bürgermeister von Andelsbuch, verweist neben der Sicherheit auch auf den Lärm. VN/Kaufmann