Gemeinnütziger Wohnbau in Vorarlberg: Ruf nach mehr Tempo

Politik / 01.09.2023 • 17:20 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Der Anteil gemeinnütziger Wohnungen ist in Vorarlberg am niedrigsten. <span class="copyright">APA/Manhart</span>
Der Anteil gemeinnütziger Wohnungen ist in Vorarlberg am niedrigsten. APA/Manhart

Armutskonferenz verweist auf niedrigsten Anteil im Österreich-Schnitt. Land will im Herbst Schwerpunkt setzen.

Von Michael Prock, Magdalena Raos

Schwarzach Es braucht mehr gemeinnützige Wohnungen in Vorarlberg. Darauf drängt die Armutskonferenz. Schließlich habe das Land den geringsten Anteil in Österreich. Sprecher Michael Diettrich kritisiert: „Man handelt erst, wenn der Hut brennt.“ Für Experte Michael Klien vom Wifo ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Ausbau. Die Vogewosi wartet noch ab. Dem Büro des zuständigen Wirtschaftslandesrates Marco Tittler (ÖVP) zufolge soll das Thema Wohnen einen Schwerpunkt im Herbst bilden.

„Weitsicht fehlt“

Blickt man auf Zahlen der Statistik Austria zu den Wohnverhältnissen im Land, entspricht ein Anteil von rund 13 Prozent gemeinnützigen Genossenschafts- und Gemeindewohnungen. Der Österreich-Schnitt liegt bei 23,5 Prozent. Die Armutskonferenz weist auch darauf hin, dass in Vorarlberg im Vorjahr nach Salzburg die höchsten Mieten zu bezahlen waren. Nun müsse aufs Tempo gedrückt werden, fordert Diettrich im VN-Gespräch. Der Ausbau an gemeinnützigen Wohnungen geschehe viel zu langsam. „Es fehlen das Engagement und die Weitsicht.“ Denn die Vorlaufzeit für gemeinnützige Bauprojekte sei lang.

Gemeinnütziger Wohnbau in Vorarlberg: Ruf nach mehr Tempo

Wie das Land auf VN-Anfrage mitteilt, wurden im gemeinnützigen Bereich 2022 insgesamt 295 Mietwohnungen und 114 Mietkaufwohnungen neu bezogen. Für 2023 seien nach bisherigem Stand 328 Neubezüge zu erwarten. Den Angaben zufolge wurden insgesamt im Vorjahr 379 gemeinnützige Wohnungen gefördert, 2023 seien im Bauprogramm bisher 308 vorgesehen. Die Armutskonferenz thematisiert in diesem Zusammenhang das Programm der schwarz-grünen Landesregierung. Demzufolge sollten in fünf Jahren 4000 Wohnungen errichtet werden, also 800 pro Jahr. Davon seien die aktuellen Zahlen weit entfernt.

Armutskonferenz-Sprecher Diettrich sagt: „Es fehlen das Engagement und die Weitsicht.“<span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Armutskonferenz-Sprecher Diettrich sagt: „Es fehlen das Engagement und die Weitsicht.“VN/Paulitsch

Dem Land zufolge könnte aber bald einiges weitergehen. „Es zeigt sich, dass die gemeinnützigen Bauträger bei der Ausschreibung wieder umsetzungsfähige Angebote erhalten”, heißt es aus dem Büro von Landesrat Tittler. Deshalb könne die die Wohnbauoffensive verstärkt forciert werden. Dies sei aus wirtschafts- und wohnbaupolitischer Sicht vor dem Hintergrund einer sich abschwächenden Kultur auch sinnvoll. Wohnen bilde jedenfalls ein Schwerpunktthema der Arbeit von Landesregierung und Gemeinden im Herbst. Außerdem gibt das Land zu bedenken, dass Vorarlberg über eine hohe Eigentumsquote verfügt, die über dem Bundesschnitt liegt. „Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass der relative Anteil an gemeinnützigen Wohnungen geringer ist, als dies in eigentumsschwachen Bundesländern der Fall ist.“ Der gemeinnützige Wohnbau werde jedenfalls kontinuierlich ausgebaut.

Experte: Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt

Michael Klien, Wohnbauexperte beim Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, sieht jetzt jedenfalls einen guten Zeitpunkt, um die Bautätigkeit wieder anzukurbeln. „Die Nachfrage nach Immobilien ist stark eingebrochen. Es wirkt stabilisierend, wenn die Gemeinnützigen mehr Aufträge vergeben.“ Bauen sei zwar derzeit teuer. Allerdings: „Wenn man sich die Baukosten der letzten 50 Jahre ansieht, kann man praktisch nie einen nominellen Rückgang beobachten. Es wird also nicht mehr billiger.“ Und der Rückgang an Aufträgen für die Bauwirtschaft könnte den gemeinnützigen Wohnbauträgern zu einer stärkeren Verhandlungsposition verhelfen.

Das Büro des zuständigen Landesrats Marco Tittler verweist auf die hohe Eigentumsquote im Land. <span class="copyright">VN/Stiplovsek</span>
Das Büro des zuständigen Landesrats Marco Tittler verweist auf die hohe Eigentumsquote im Land. VN/Stiplovsek

Gemeinnützige Wohnungen bauen wäre jedenfalls nie falsch, betont Klien. „Ein großer Anteil von gemeinnützigen Wohnungen in einer Region wirkt sich auch dämpfend auf den privaten Mietmarkt aus. Das heißt, günstiger Wohnraum hilft nicht nur den Bewohnern direkt.“

Vogewosi wartet ab

Vorarlbergs größer gemeinnütziger Wohnbauträger, die Vogewosi, wartet aber noch ab. „Wir konzentrieren unser Bauprogramm auf die Projekte, die kostengünstig sind“, erläutert Geschäftsführer Hans-Peter Lorenz. Das sind vor allem Projekte nach dem Modulbausystem, also im Rahmen des Programms Wohnen 500. „Dazu kommen Wohnungen in Gemeinden, die dringenden Bedarf anmelden, und Wohnungen, die gemeinsam mit einem Bauträger umgesetzt werden“, fährt Lorenz fort. „Projekte, deren Kosten jenseits von Gut und Böse sind, greifen wir nicht an.“

Ob die Nachfrage wirklich gestiegen ist, kann er nicht sagen. „Wir stellen teilweise fest, dass Menschen Wohnungen aus nicht nachvollziehbaren Gründen ablehnen. Auch bei Neubauten“, sagt der Vogewosi-Chef. „Also zum Beispiel, weil sie nicht in einen Holzbau ziehen möchten.“ Der Wohnungswunsch sei zwar vielfach vorhanden, der Bedarf aber nicht unbedingt. „Es ist nicht so, dass uns die Bürgermeister die Türen einrennen und sagen, dass sie gemeinnützige Wohnungen brauchen.“ Darum könne man die Bedarfssituation derzeit nicht 100-prozentig einschätzen.

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