Glyphosat-Zukunft: Welche Entscheidung heuer noch bevorsteht

Politik / 11.09.2023 • 17:05 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
In Österreich gilt ein Teilverbot. In der Landwirtschaft ist der Einsatz erlaubt.<span class="copyright"> APA/Fohringer</span>
In Österreich gilt ein Teilverbot. In der Landwirtschaft ist der Einsatz erlaubt. APA/Fohringer

Befristete Zulassung auf europäischer Ebene läuft im Dezember aus. Vorarlberg für Verbot.

Darum geht’s:

  • Die befristete Zulassung von Glyphosat in der EU läuft im Dezember aus.
  • In Vorarlberg gibt es Befürworter für ein Komplettverbot auf europäischer Ebene.
  • Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit sieht keine inakzeptablen Gefahren bei der Verwendung von Glyphosat.

Schwarzach Die Debatte über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist seit Jahren vergiftet. Es steht nämlich im Verdacht, krebserregend zu sein. Bis zum 15. Dezember ist es in der EU befristet zugelassen. Wie es weitergeht, ist unklar. In Vorarlberg sind die Grünen für ein Komplettverbot in der EU. Auch die ÖVP will Glyphosat-Freiheit. Dies müsse aber auch im Kaufregal gelten.

Keine inakzeptablen Gefahren

Derzeit läuft das entsprechende Verfahren auf EU-Ebene zur Wiedergenehmigung. Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit EFSA hatte im Juli Untersuchungsergebnisse veröffentlicht. Die Behörde sieht keine inakzeptablen Gefahren bei der Verwendung von Glyphosat. Es gebe aber Datenlücken. Vertreter der Mitgliedsstaaten könnten voraussichtlich noch im Oktober über die weitere Zulassung abstimmen. Bis spätestens 15. Dezember muss jedenfalls eine Entscheidung über Verlängerung oder Nichtverlängerung fallen.

Das Ressort von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) äußerte sich auf VN-Anfrage noch nicht näher zu seiner Position. Das Gesundheitsministerium von Johannes Rauch (Grüne) sprach sich “angesichts der unvollständigen Bewertung der EFSA und zum Wohl der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt” gegen eine verlängerte Zulassung und für ein vollständiges Verbot in Österreich aus. Allerdings verweist die Sprecherin von Rauch auf die Zuständigkeit für die Materie beim Landwirtschaftsministerium.

In Österreich beschloss der Nationalrat vor etwas mehr als zwei Jahren ein Teilverbot von Glyphosat. Im Wesentlichen ist das Herbizid auf Flächen, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen genutzt werden, verboten, etwa Sportplätzen und Parks. Auch in Kleingärten ist Glyphosat nicht mehr erlaubt. Anders sieht es in der Landwirtschaft aus. Das derzeit geltende Teilverbot entspreche dem, was der EU-rechtliche Rahmen vorgebe, heißt es aus dem Ministerium von Totschnig.

Umweltlandesrat Zadra will ein Totalverbot auf EU-Ebene. Danach sieht es momentan aber nicht aus. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Umweltlandesrat Zadra will ein Totalverbot auf EU-Ebene. Danach sieht es momentan aber nicht aus. VN/Hartinger

Agrarlandesrat Christian Gantner (ÖVP) spricht sich prinzipiell für ein Glyphosat-Verbot aus, wie er den VN mitteilt. „Aber nicht nur auf Vorarlbergs Feldern, sondern auch in Vorarlbergs Kaufregalen. Es ist eine scheinheilige Diskussion, von unseren Bäuerinnen und Bauern immer höhere Auflagen zu fordern, aber im Kühlregal wieder zu Billigprodukten zu greifen, die irgendwo und irgendwie produziert wurden.“

Umweltlandesrat Daniel Zadra (Grüne) verweist darauf, dass die internationale Krebsforschungsagentur der WHO den Unkrautvernichter 2015 als wahrscheinlich krebserregend für Menschen eingestuft hat. Zudem habe es gerade erst Glyphosat-Untersuchungen in europäischen Gewässern gegeben. Anfang September zeigte eine Analyse von PAN Europe im Auftrag der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament, dass das Herbizid oder sein Abbauprodukt in Gewässerproben aus elf von zwölf untersuchten EU-Ländern nachgewiesen werden konnte, darunter in Österreich. „Das lässt nur den Schluss zu, dass es für den Menschen, aber auch für die Artenvielfalt eine erhebliche Gefahr darstellt“, sagt Zadra. Die Vorarlberger Grünen setzen sich daher für ein Totalverbot auf europäischer Ebene ein. Dies mache aus Sicht von Landwirtschaft und Konsumentenschutz am meisten Sinn. Bleibe das außer Reichweite, solle Österreich als Pionier vorangehen und im eigenen Wirkungsbereich Schritte setzen. „Das ist aber nur die zweitbeste Lösung.“

In der Vorarlberger Landwirtschaft spielt Glyphosat Agrarlandesrat Gantner zufolge faktisch keine Rolle. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
In der Vorarlberger Landwirtschaft spielt Glyphosat Agrarlandesrat Gantner zufolge faktisch keine Rolle. VN/Paulitsch

„Schärfste Bestimmungen“

Gantner zufolge spielt der landwirtschaftliche Glyphosat-Einsatz in Vorarlberg faktisch ohnehin keine Rolle. Das liege an der sehr grünlandbetonten Landwirtschaft. Zudem würden die bedeutendsten Milchverarbeiter die Anwendung ausschließen und die Ländle-Qualitätsprodukte-Schiene ebenso auf den Wirkstoff verzichten. Das Land habe „österreichweit auch die schärfsten gesetzlichen Bestimmungen“. Aus Vorarlberger Sicht sei er für ein Komplettverbot, sagt der ÖVP-Politiker. Aber eben auf dem Feld und im Kaufregal.