Rüdisser zu E-Mails: „Das ist absurd“

Ehemaliger Wirtschaftslandesrat bestreitet Zusammenhang zwischen Inseraten und Projekten.
Bregenz Inserate und der Wirtschaftsbund – ein Thema, das das politische Vorarlberg seit bald zwei Jahren beschäftigt. Auch jetzt wieder. Die NEUE berichtet über zwei E-Mails aus dem Jahr 2015, die im Büro des damaligen Wirtschaftslandesrats Karlheinz Rüdisser (ÖVP) gelandet sind. Eines von der Firma Spar, eines von Seilbahnbetreibern in Lech – und beide in zeitlicher Nähe zu Projekten, über die es zu entscheiden galt. Sowohl Rüdisser als auch die aktuelle Landesregierung bestreiten jeglichen Zusammenhang.

Die Frage, über die im Zusammenhang mit Inseraten im Wirtschaftsbund-Magazin diskutiert wird, lautet immer wieder: Können Inserenten die Landespolitik beeinflussen? Oder glauben sie zumindest, durch Inserate leichter zu Genehmigungen zu kommen? Klar ist: Unter den Inserenten im mittlerweile eingestellten Magazin findet sich das Who is who der Vorarlberger Wirtschaft. Auch die Firma Spar. In einem E-Mail an den damaligen Wirtschaftsbund-Direktor Walter Natter ärgert sich der Spar-Geschäftsführer über mangelnden Rückhalt. Man werde im kommenden Jahr keine Inserate schalten – und nahestehende Unternehmen auch nicht. Die NEUE konnte die E-Mails einsehen, ein Sprecher der Landesregierung bestätigt den VN, dass dieses Mail existiert. Am Ende des Mails begründet der Spar-Chef den Schritt: Man erkläre sich damit auch solidarisch mit dem Messepark. Hintergrund: Im Jahr 2015 wurde schon einmal über die Messepark-Erweiterung diskutiert. 2018 entschied sich der Raumplanungsbeirat schließlich für eine Schmalspurgenehmigung, der Ausbau kam nie zustande.
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Wirtschaftsbund-Direktor Natter leitete das Mail an ein Wirtschaftsbund-Vorstandsmitglied weiter, das im Brotberuf in der Landesregierung sitzt: Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser. Das Mail landete bei ihm im Landhaus und so schließlich im Akt, weshalb es heute noch existiert. Rüdisser bestreitet jegliche Intervention. „Das ist ja absurd!“, ärgert er sich im Gespräch mit den VN. „Ich habe viele Jahre gegen die Erweiterung gekämpft“, betont er. Und dass sie schließlich auch nicht genehmigt wurde, sei der Beweis, dass solche Mails nichts gebracht haben. Er habe die Mails gelesen, in den Akt gelegt, und das wars. Aber das sei schon so lange her, er könne sich gar nicht mehr daran erinnern. Jedenfalls würde hier ein Zusammenhang konstruiert, den es nicht gibt. Das zeige auch die Tatsache, dass sich die Verfasser der Mails über mangelnde Unterstützung beklagen. Eine Anfrage an Spar am Freitagnachmittag blieb vorerst unbeantwortet.
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Natter hat laut NEUE noch ein zweites Schreiben an die Landesratsmailadresse von Karlheinz Rüdisser weitergeleitet. Absender: die Seilbahnen in Lech. Angeschlossen ein halbseitiges Inserat für den Wirtschaftsbund, mit der Bitte, den „Unterstützungsbeitrag“ auf zwei Unternehmen aufzuteilen. Ebenfalls im Mail: eine Liste mit vielen Projekten, die man sich wünscht oder anstehen. 2017 wurde schließlich von der Landesregierung genehmigt, einen kleinen Streifen bei den Gipslöchern aus dem Naturschutzgebiet zu nehmen, damit die Rüfikopfbahn ausgebaut werden kann. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Entscheidung mittlerweile kassiert. Auch dieses Mail landete im Akt, auch hier ist keine Antwort bekannt. Laut Regierungssprecher hat es in beiden Fällen keine Reaktion gegeben.
Eine VN-Anfrage an die Seilbahnen Lech blieb ebenfalls am Freitagnachmittag unbeantwortet.
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Die politischen Mitbewerber stürzen sich trotzdem darauf. Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli von den Grünen sagt: „Die Frage, ob politische Gefälligkeiten indirekt oder direkt beim Inseratekeilen eine Rolle spielten, halte ich für schwer erklärungsbedürftig.“ Ihre Parteikollegin, Klubobfrau Eva Hammerer, fordert im „Standard“ erneut die Reform der Kontrollrechte im Landtag und dass das aktuelle Messepark-Genehmigungsverfahren so lange ruht, bis alle Vorwürfe geklärt sind.
Neos-Klubobmann Johannes Gasser sagt: „Auch die neuen Berichte werfen Fragen über das wahre Wesen der Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik in Vorarlberg auf.“ Und er ärgert sich, dass der Wirtschaftsbund eine neue Zeitung plant. SPÖ-Chef Mario Leiter fordert ebenfalls, dass es keine Neuauflage des Magazins geben werde. „Es darf nicht sein, dass man sich durch Inserate politisches Wohlwollen einer Regierungspartei erkaufen kann.“
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Wirtschaftsbund-Direktor Christoph Thoma zeigt sich verwundert über die Berichterstattung. Im Kern gehe es ja darum, dass ein Wirtschaftsbund-Mitglied von dieser Interessenvertretung Unterstützung für seine Anliegen verlange. „Was daran erstaunlich, verwerflich oder gar ‚brisant‘ sein soll, weiß ich nicht“, sagt Thoma.
Die Ermittlungen in der Wirtschaftsbund-Affäre laufen indes weiter. Ermittelt wird gegen Rüdisser, Natter, dessen Nachfolger Jürgen Kessler, den ehemaligen Wirtschaftsbund-Obmann Hans-Peter Metzler und gegen den Wirtschaftsbund als Organisation. Die Ermittlungen gegen Landeshauptmann Markus Wallner und Rüdissers Nachfolger Marco Tittler wurden bereits eingestellt.