Im Ponyexpress zum Ponyhof

Politik / 20.09.2023 • 15:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Im Ponyexpress zum Ponyhof

Das Leben ist bekanntlich kein Ponyhof. Keine Regel ohne Ausnahmen: Und KK ist eine solche. Die umtriebige Karin Kneissl hat vergangene Woche zur nicht geringen Belustigung der Weltöffentlichkeit ihre beiden Ponys aus Syrien in ihre Wahlheimat St. Petersburg überstellen lassen. Dort wird sie Präsidentin des neuen (staatsnahen) russischen Thinktanks „Gorki“. Österreich ist das Kunststück gelungen, der Welt die Illusion vom durch und durch unschuldig-harmlosen, in der Donaumetropole pausenlos walzertanzenden und im Tirol ununterbrochen jodelnden “erstem NS-Opfer“ mit internationalem Standing (Uno-City) vorzugaukeln – und diese Lebenslüge fast bis heute selbst zu glauben. Die Arte-Doku „Nazis made in Austria“ rückte erst letzten Monat jenes geschönte Bild gründlich zurecht.

Österreich wird als zweitwichtigster Handlanger Russlands im Westen genannt.

Die Kneissl brachte es seit ihrem Hochzeitstänzchen samt Hofknicks mit dem Despoten Putin im August 2018, vier Jahre nach der Krim-Annexion, zu zweifelhaftem Weltruhm. Doch nicht nur die Ex-Außenministerin von freiheitlichen Gnaden tanzt gerne aus der Reihe: Ganz Österreich tut es und hofiert Russland gewissermaßen im Dreivierteltakt. Das ist der Weltöffentlichkeit nicht entgangen, und der „Economist“ titelte unter dem Foto einer gefährlich schlingernden Seilbahnkabine in rotweißroter Bemalung „Einst Russlands bester Freund: Jetzt läuft die Umarmung des russischen Bären schief“. Österreich wird als zweitwichtigster Handlanger Russlands im Westen genannt. Da wird Straches Rendezvous mit der vermeintlichen russischen Oligarchennichte ebenso in Erinnerung gerufen wie die Tatsache, dass Raiffeisen, Österreichs zweitgrößte Bank, mehr als die Hälfte ihrer Profite aus Russland generiert, Österreich dank russischen Gaslieferungen den Ukraine-Krieg in Milliardenhöhe mitfinanziert, Kanzler Nehammer als erster westlicher Staatsmann seit Kriegsbeginn Putin seine Aufwartung machte und österreichische Parlamentarier demonstrativ aus dem Hohen Haus auszogen, als dort Wolodymyr Selenskyj (via Video) das Wort ergriff. Das war nicht weniger skandalös als die zärtliche Geste des damaligen Bundespräsidenten Fischer, der seinem Gast Putin liebevoll über den Arm streichelte.

Nur eine andere Frau ist in Sachen Putin mehr umstritten: Die Netrebko. Von den meisten Opernhäusern wegen ihrer Nähe zu Putin und ihrer halbherzigen Verurteilung seines Krieges verbannt, erntete sie kürzlich an der Staatsoper Unter den Linden Applaus, vereinzelte Buhrufe und Protestdemos („Keine Bühne für Putins Hure“) vor dem Haus. Die Ironie kann der russischen Diva nicht entgangen sein, dass sie dort ausgerechnet als Lady Macbeth inmitten von Leichenhaufen aufzutreten hatte, welche in der Harry-Kupfer-Inszenierung die Kriegsgräuel mit Leichenhaufen drastisch sichtbar machten. Als ihre Ponys vom syrischen Militärflugplatz Hmeimim in einem Il-76MD Transportflugzeug des 224. russischen Fluggeschwaders (wegen der Logistik für die berüchtigte Wagner-Privatarmee auf die amerikanische Sanktionsliste gesetzt) abhoben, leistete hingegen die Kneissl einen hübschen kleinen Beitrag zum Frieden: Zur Sondermission als Ponyexpress abkommandiert konnte die Maschine zumindest nicht gegen die Ukraine eingesetzt werden.