Abtreibungen: Ungewissheit um Angebot in Vorarlberg nächstes Jahr

Politik / 28.09.2023 • 16:35 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Abtreibungen: Ungewissheit um Angebot in Vorarlberg nächstes Jahr

Noch immer stellen sich viele Fragen. Experte thematisiert auch Kostenfrage.

Darum geht’s:

  • Der einzige Arzt, der bisher Schwangerschaftsabbrüche in Vorarlberg anbietet, geht definitiv mit Jahresende in Pension.
  • Es wird eine Versorgungslücke befürchtet.
  • Die geplante Nachfolgelösung in Form einer privaten Praxis im Personalwohnheim neben dem Bregenzer Landeskrankenhaus braucht Zeit und es sind noch Fragen offen.
Künftig soll eine Privatpraxis im Personalwohnheim in Bregenz entstehen. <span class="copyright">VOL.at</span>
Künftig soll eine Privatpraxis im Personalwohnheim in Bregenz entstehen. VOL.at

Bregenz Der Safe Abortion Day am heutigen Donnerstag fällt in eine Zeit von hitzigen Debatten über die Zukunft von Abtreibungen in Vorarlberg. Noch immer ist nicht endgültig geklärt, wie es nach der Pensionierung des einzigen Arztes weitergeht, der diese bis dato im Land anbietet. Eine Versorgungslücke wird befürchtet. Auch rund um die geplante Nachfolgelösung beim Personalwohnheim neben dem Bregenzer Spital stellen sich noch Fragen.

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Ruhestand mit Jahresende

Benedikt-Johannes Hostenkamp will definitiv mit Jahresende seine Pension antreten, wie er im VN-Gespräch bestätigt. Dass er im Rahmen einer Übergangslösung doch noch eine Zeit lang weitermachen könnte, komme nicht in Frage. „Ich höre im bisherigen Umfang Ende des Jahres auf.“ Er sei aber bereit dazu, sich weiterhin ärztlich einzubringen und an der Nachfolge beratend mitzuwirken. Eigentlich wollte der Gynäkologe schon längst aufhören, spätestens im Sommer. Doch sein Ruhestand hat sich verzögert. Denn die Ende 2022 von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) vorgelegte und später vom Landtag abgesegnete Nachfolgeregelung kann nicht so rasch umgesetzt werden, wie das zunächst geplant war. Angedacht ist, dass eine private Ordination im Personalwohnheim neben dem Bregenzer Landeskrankenhaus entstehen soll. Doch der Umbau braucht seine Zeit. Erst spätestens Ende 2024 soll es so weit sein.

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Nun stellt sich die Frage, wie es im nächsten Jahr weitergeht. Das Land arbeitet an einer Übergangslösung. Eine Garantie, dass das Angebot gesichert bleibt, wollte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) zuletzt nicht abgeben. Das sorgte auch beim Koalitionspartner, den Grünen, für Kritik. Eine ursprünglich geplante Variante, die vorsah, übergangsweise eine Privatpraxis in einem Anbau des Bregenzer Spitals einzurichten, war am Widerstand konservativer Kreise, auch in der ÖVP, gescheitert. Sie störten sich an der Nähe zum Krankenhaus.

Allerdings sind auch rund um die Nachfolgevariante beim Personalwohnheim noch Fragen offen. Aus dem Büro von Landesrätin Rüscher hieß es zuletzt, dass ein Team von Ärztinnen und Ärzten dort im Einsatz sein soll. Die Frage der Rechtsform werde noch geklärt.

Hans Concin, Gynäkologe und früherer langjähriger Primar der Abteilung für Frauenheilkunde am Bregenzer Krankenhaus, der sich bestens mit der Thematik auskennt, ärgert sich über die Unsicherheit. Verfolge das Land das Ziel, dass eine private, rein auf Abtreibungen ausgelegte Praxis eingerichtet wird, gehe sich das schon allein wirtschaftlich kaum aus. „Es ist eine einfache kaufmännische Rechnung. An einem Tag pro Woche Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, kann nicht die Kosten, die eine solche Praxis aufwirft, decken. Dazu muss man sagen: Glücklicherweise gibt es nicht mehr Abtreibungen.” Für eine andere, breiter ausgelegte Variante, wie es sie zum Beispiel in Salzburg oder Wien gibt, müsse aber deutlich mehr Geld für den Umbau in die Hand genommen werden. Bislang wollte sich das Land auf VN-Anfrage nicht zu Kostenkalkulationen äußern.

Hans Concin, früherer langjähriger Primar der Abteilung für Frauenheilkunde am Bregenzer Landeskrankenhaus, thematisiert die Kostenfrage. <span class="copyright">VN/Stiplovsek</span>
Hans Concin, früherer langjähriger Primar der Abteilung für Frauenheilkunde am Bregenzer Landeskrankenhaus, thematisiert die Kostenfrage. VN/Stiplovsek

Hostenkamp betreibt seine Bregenzer Praxis seit knapp einem Vierteljahrhundert. An die 300 Abbrüche führe er jährlich durch, schildert der Mediziner. Etwa zehn Prozent der Frauen, die sich anmelden, tauchten gar nicht erst auf. Fünf Prozent entschieden sich nach Beratung und Untersuchung doch dazu, ihre Schwangerschaft aufrechtzuerhalten. „Das ist der Lebensschutz, der möglich ist. Andernfalls treibt man die Frauen in die Illegalität.“ In der Beschreibung seiner Tätigkeit bemüht sich Hostenkamp um einen Vergleich: „Heutzutage gibt es einen effektiven Brandschutz. Man kann brandsicher bauen. Doch niemand würde auf die Idee kommen, deshalb die Feuerwehr abzuschaffen.“