Das sagen Vorarlbergs ÖVP-Frauen zum Nehammer-Video

Politik / 28.09.2023 • 18:20 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Das sagen Vorarlbergs ÖVP-Frauen zum Nehammer-Video
“Wenn ich zu wenig Geld habe, gehe ich mehr arbeiten”, sagt Karl Nehammer in diesem Video, aufgenommen in einer Vinothek in Hallein.

Im Land kritisieren die Sozialpartner, der Familienverband und die ÖVP-Frauenorganisation die Aussagen des ÖVP-Chefs.

Darum geht’s:

  • Karl Nehammer (ÖVP) gerät aufgrund eines Videos in Kritik
  • Nehammer äußert sich abwertend über Frauen in Teilzeit und Kinderarmut
  • Kritik sowohl innerhalb als auch außerhalb der ÖVP

Von Michael Prock und Maximilian Werner

Schwarzach Nachdem am Mittwochabend ein Video auf Twitter aufgetaucht ist, das Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in geselliger Runde in einer Vinothek zeigt, hagelt es Kritik. In der sechsminütigen Aufnahme von einem Besuch bei der ÖVP Hallein Ende Juli empört er sich über Frauen, die in Teilzeit arbeiten, die Diskussion um Kinderarmut und die Sozialpartnerschaft. Das sorgt auch innerparteilich für Aufregung.

Denn er spricht darin etwa über Frauen, die in Teilzeit arbeiten, obwohl sie keine Betreuungspflichten haben. “Wieso erhöht sich die Teilzeitquote nicht? Nicht einmal bei den Frauen, die keine Betreuungspflichten haben? Wenn ich zu wenig Geld habe, gehe ich mehr arbeiten!” Aber auch wenn es heiße, es gebe Kinder, die keine warme Mahlzeit bekämen, regt das den Kanzler auf: “Wisst’s was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Ist nicht gesund, aber sie ist billig: ein Hamburger bei McDonald’s!”

Als jemand im Publikum die Teilzeitarbeit anspricht, antwortet Nehammer: “Über all das hab ich mich mit dir gar nicht unterhalten. Warum? Weil dann kommt nämlich die Gewerkschaft her und die Wirtschaftskammer her und sagt: “He, putz di, Sozialpartnerschaft, Sozialpartnerschaft!”

Kritik auch in der Partei

Vorarlbergs Arbeiterkammer-Präsident Bernhard Heinzle ist selbst im ÖAAB und der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) verankert. Ihn hätten die Aussagen verwundert, erklärt er den VN. “Diese Haltung ist von einem Spitzenpolitiker befremdlich. Die Sozialpartner stehen in schwierigen Zeiten wie diesen stets mit Lösungen parat. Die so ins Lächerliche ziehen ist befremdlich.” Ihm sei lieber, die Regierung biete mehr Lösungen, als Sprüche wie am Stammtisch üblich loszulassen.

Sein Gegenüber, Wirtschaftskammer-Präsident Wilfried Hopfner, ist nicht Teil der Partei. Er erkennt keine Kritik an den Sozialpartnern. “Das kann ich nicht herauslesen. Nur, dass es unterschiedliche Positionen gibt. Und das liegt in der Natur der Sache.” Jeder soll für sich entscheiden, wie viel er arbeitet – müsse dann aber damit leben, dass er oder sie weniger Geld zur Verfügung hat.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Sonstige angezeigt.

Die geschäftsführende Vorsitzende der ÖVP-Frauen in Vorarlberg, Landtagsabgeordnete Gabriele Graf, gibt hingegen zu: “Unglücklich sind die Aussagen wahrscheinlich schon. Aber ich verurteile ihn deswegen nicht.” Die Frage, wie viel eine Frau arbeitet, sei allein ihre Entscheidung, auch wenn sie keine Kinder hat. Wenn man möchte, dass Frauen mehr arbeiten, müssten Kinderbetreuungsplätze ausgebaut werden. “Aber das geschieht eh”, sagt Graf und verweist auf die geplante 4,5-Milliarden-Investition der Regierung.

“Ich bin erstaunt”

Das sieht auch die ÖVP-Sozialsprecherin im Landtag, Heidi Schuster-Burda, so. Sie lobt die Maßnahmen der Bundesregierung für Kinder und das Kinderbetreuungsgesetz im Land, aber: “Ich bin der Meinung, dass man Familien und Kinder und Alleinerziehende bestmöglich unterstützen soll. Und da bin ich über solche Aussagen nicht glücklich. Ich habe Karl Nehammer anders erlebt und bin erstaunt. Das ist für mich ein Widerspruch dazu, wie ich ihn kennengelernt habe.” Es gebe auf jeden Fall Kinder, “die nicht täglich ein warmes Mittagessen erhalten”, sagt die Vize-Chefin der ÖVP-Frauen im Land den VN.

Veronika Marte ist nicht nur Nehammers Stellvertreterin in der Bundespartei und Landtagsabgeordnete, sondern auch ÖAAB-Chefin im Land. Sie sagt: “Schräg ist, dass das Video einer internen Veranstaltung an die Öffentlichkeit kommt.” Da spreche man Sachen klarer an. “In Vorarlberg haben wir eine sehr gute Sozialpartnerschaft”, betont sie.

Auch im Familienverband ist man irritiert. “Die Aussagen sind alarmierend. Für uns sind sie nicht familienfreundlich”, sagt Obmann Guntram Bechtold. Dass warmes Essen fehlt, sei durch die wirtschaftliche Entwicklung ein reales Problem, etwa bei Familien, die sich finanziell schwertun.