Hanno Loewy

Kommentar

Hanno Loewy

In den Boden damit

Politik / 28.09.2023 • 06:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Wohin mit all dem CO2? Bundeskanzler Nehammer freut sich in Oslo darüber, dass die Norweger CCS hochfahren wollen, also die Abscheidung von Kohlendioxid aus dem Ausstoß der Industrie, um das CO2 dann verflüssigt in Lagerstätten unter der Erde zu pumpen.

„Die subtile ÖVP-Blockade des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes ist ja nur die Spitze des Eisberges.“

Norwegen und auch Dänemark haben vor allem den Meeresboden dafür im Blick. Schließlich sind dort im porösen Gestein Erdöl und Erdgasvorkommen über Jahrtausende sicher „gelagert“ gewesen. Nun soll das, was man davon nicht brauchen kann, wieder zurück unter die Erde. Das sollte Österreich doch auch gelingen, träumt Nehammer. Als interessierter Laie schaut man sich da doch gleich einmal nach klügeren Köpfen um und dem, was ihnen dazu einfällt. Und das läuft auf Folgendes hinaus: So einfach, und so kompliziert.

Die Technik kostet viel Geld, birgt große Unsicherheiten und verbraucht ihrerseits massenhaft Energie. Sie wird zwar als „Übergangslösung“ angepriesen, es dauert aber, wie auch der Sache zugeneigte Experten einräumen, noch viele Jahre, bis sie in größerem Stil funktionieren wird. Und natürlich liegt Österreich schon lange nicht mehr am Meer. Mitten im Land nach Lagerstätten zu bohren, könnte größeren Unmut nach sich ziehen, wenn es konkret wird. Da bin ich gespannt, welcher ÖVP Bürgermeister „hier!“ rufen wird.

Aber vielleicht geht es ja gar nicht um die Utopie, das CO2 in Österreich selbst zu verbuddeln. Sondern einfach darum, wenigstens den derzeit gesetzlich verhinderten Transport Richtung Nordsee zu ermöglichen? Für viele Industrien (von der Zementfabrikation bis zur Papierindustrie) sind Nachhaltigkeitsziele tatsächlich schwer erreichbar, wenn nur auf erneuerbare Energien gesetzt werden kann. Deswegen schwenken auch die Grünen in Deutschland derzeit um, was ihr früheres grundsätzliches Nein dazu angeht. Die Grünen in Wien werden sich auch nicht ewig bitten lassen. Das Ganze könnte also einigermaßen sachlich über die Bühne gehen.

Aber man wird den Verdacht nicht los, dass die Wiener Begeisterung für CCS eher Teil des beginnenden Wahlkampfes ist und eines der vielen Ablenkungsmanöver davon, dass es mit der Umweltpolitik in Wien nicht mehr voranzugehen scheint. Die subtile ÖVP-Blockade des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes ist ja nur die Spitze des Eisberges. Die Stimmungsmache gegen „Klimakleber“ (die meisten hocken ja eigentlich eh nur da und lassen sich von wütenden Autofahrern beschimpfen, was irgendwie doch was anderes ist als „Terrorismus“) und die damit geförderte Aggressivität, mitten in der Gesellschaft, lässt für das nächste Jahr nichts Gutes hoffen.

Hanno Loewy ist Direktor des ­Jüdischen Museums in Hohenems.