Gemeinden müssen Gürtel enger schnallen

In Vorarlberg gehen die Immobilienverkäufe zurück – das wirkt sich auch auf die Gemeindebudgets aus.
Darum geht’s:
- Einnahmen sinken und Ausgaben steigen für Gemeinden in Vorarlberg.
- Die Einnahmen über die Grunderwerbsteuer sinken um 30 Prozent.
- Gemeinden müssen den Gürtel enger schnallen und Leistungskürzungen erwarten.
Schwarzach Markus Giesinger hat ein Problem: Die Einnahmen sinken, die Ausgaben steigen. Jetzt brechen auch noch die Wohnungsverkäufe weg – was die Grunderwerbsteuer einbrechen lässt. Und das merkt auch der Altacher Bürgermeister. „Wir haben heuer schon ein Minus von einer halben Million im Vergleich zu den prognostizierten Ertragsanteilen“, sagt er. Altach geht es wie allen Städten und Gemeinden im Land: Schon das laufende Budget ist schwer zu halten. Kommendes Jahr muss der Gürtel insgesamt enger geschnallt werden.

Der Vorarlberger Wohnungsmarkt bricht ein. Das lässt sich an den Summen einfach feststellen: Im Jahr 2021 wanderten in Vorarlberg für Immobilien und Grundstücke im Zeitraum von Jänner bis August rund 1,8 Milliarden Euro über die Konten. Im Jahr darauf war die Summe fast ident. Heuer waren es im selben Zeitraum nur noch 1,2 Milliarden Euro. Jede Transaktion bringt Grunderwerbsteuer. Und die landet fast komplett bei den Gemeinden. 30 Prozent sind die Einnahmen heuer zurückgegangen. Das hat zur Folge, dass die Ertragsanteile der Gemeinden – also die Einnahmen aus dem gesamten Steuerkuchen – in Vorarlberg um 2,5 Prozent zurückgegangen sind. Nur in Wien ist es noch mehr.

Karoline Mitterer vom Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ erläutert: „Bei der Grunderwerbsteuer muss man dazu sagen, dass die Preise in Vorarlberg überdurchschnittlich angestiegen sind in den letzten Jahren. Das geht jetzt wieder zurück. Diesen Trend haben wir überall, aber nirgends so ausgeprägt wie in Vorarlberg.“ Daniel Peschl vom Vorarlberger Gemeindeverband bestätigt: „Vorarlberg hatte im Vergleich sehr hohe Einnahmen bei der Grunderwerbsteuer. Jetzt dreht es sich um.“ Dafür sorgen die höheren Zinsen, dass wieder mehr Kapitalertragsteuer eingenommen wird. „Es liegt am System, dass es Schwankungen gibt.“

Dazu kommt, dass die Regierung die kalte Progression abgeschafft hat. Das ist zwar gut für die einzelnen Bürger – für öffentliche Kassen bedeutet dieser Schritt aber ebenfalls weniger Einnahmen. „Gleichzeitig sehen wir eine starke Dynamik auf der Ausgabenseite“, erklärt Mitterer. „Das heißt, dass sich die Finanzierungslücke in den kommenden Jahren weiter öffnet. Man hat eine Steuerreform ohne Gegenfinanzierung gemacht.“
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Auch in Bregenz bemerkt man die Entwicklung. „Das Thema ist wirklich ernst“, sagt Bürgermeister Michael Ritsch. Er blickt schon auf das Budget im kommenden Jahr: „Wir haben rund vier bis fünf Millionen Euro weniger Ertragsanteile. Gleichzeitig steigen die Gehälter, wir gehen von rund zehn Prozent bei 720 Mitarbeitern aus. Das heißt, die Lohnkosten steigen um vier Millionen Euro.“ Heuer dürfte Bregenz noch mit einer schwarzen Null abschließen können. „Aber letztes Jahr hatten wir noch positive Manövriermasse. Die ist jetzt weg, wir haben aber zum Glück noch Rücklagen. Nächstes Jahr wird es bedenklich.“

Dieser Befund ist von Bürgermeistern quer durchs Land zu hören, zum Beispiel aus Dalaas. „Die Lücke wird sicher ein Problem werden“, betont Bürgermeister Martin Burtscher. Als kleine Gemeinde sei man von den Ertragsanteilen besonders abhängig. „Wir haben heuer zum Glück konservativ budgetiert, aber im kommenden Jahr wird es sicher spannend.“ Burtscher geht davon aus, dass bei den Ausgaben gebremst werden muss, zumal große Investitionen anstehen. Das Gemeindezentrum muss erneuert werden. Und seit die Schule in Wald geschlossen wurde, brauche sie in Dalaas mehr Platz, fährt der Bürgermeister fort. „Dazu kommt, dass viel gefordert wird. Überall raus aus dem Öl, nachhaltig sein, PV-Anlagen nach Möglichkeit, Energieautonomie … man fördert zwar viel, aber der Rahmen, den wir haben, wird immer enger.“
Karoline Mitterer vom KDZ warnt: „Angesichts der Prognosen für die nächsten Jahre ist davon auszugehen, dass keine der Gebietskörperschaftsebenen die Stabilitätsziele erreichen wird. Weder Gemeinden, noch Länder, noch Bund.“ Deshalb müsse sich die Politik die Frage stellen, ob diese Lücke mit Verschuldung oder mit Leistungskürzungen geschlossen wird. „Auf die Dauer ist Verschuldung keine Lösung, weshalb ich überzeugt bin, dass es in den nächsten Jahren stark zu Diskussionen über Leistungskürzungen kommen wird“, ergänzt die Expertin. „Man wird an Reformen nicht vorbeikommen.“

Für die Gemeinden besteht noch eine Hoffnung: Derzeit verhandeln Bund, Länder und Gemeinden über die zukünftige Verteilung des Steuerkuchens – also über den Finanzausgleich. Markus Gisinger aus Altach blickt nach vorne: „Die aktuelle Lücke lässt sich durch Einsparungen und einen guten Budgetvollzug kompensieren. In den kommenden Jahren kalkulieren wir mit weniger Einnahmen.“ Außer bei den Finanzausgleichsverhandlungen verschiebe sich noch etwas zu den Gemeinden, sagt Gisinger. „Das wäre auch richtig. Denn unsere Aufgaben wachsen ständig, von der Pflege bis zur Kinderbetreuung.“