Warum die Landesregierung das Sparschwein schlachten muss

Politik / 14.11.2023 • 18:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Warum die Landesregierung das Sparschwein schlachten muss

Um im kommenden Jahr ausgeglichen budgetieren zu können, werden die Rücklagen des Landes aufgelöst.

Darum geht’s:

  • Das Vorarlberger Landesbudget steigt von 2,1 auf 2,4 Milliarden Euro.
  • Die Landesregierung löst Rücklagen in Höhe von mehr als 150 Millionen Euro auf.
  • Die gestiegenen Ausgaben werden durch Ersparnisse finanziert, um eine Neuverschuldung zu vermeiden.

Bregenz Alles wird teurer! Wohnen, Essen, Benzin, für das tägliche Leben müssen Menschen immer tiefer in die Tasche greifen. Selbst Schulden sind teurer geworden – Kreditzinsen steigen seit Monaten. Bei vielen Menschen schmilzt das Ersparte langsam dahin. Der Politik geht es nicht anders. Abzulesen an den nackten Zahlen: Das Vorarlberger Landesbudget steigt im kommenden Jahr von 2,1 auf 2,4 Milliarden Euro. 300 Millionen Euro mehr Steuergeld wird ausgegeben. Ein Teil davon wird über den Finanzausgleich finanziert, stammt also aus dem Steuertopf des Bundes. Für den anderen Teil müssten Darlehen aufgenommen werden. Was vor einem Jahr noch lukrativ gewesen ist, kostet mittlerweile aber viel Geld. Wie gesagt: Schulden sind teuer. Also geht es dem Ersparten an den Kragen. Um ausgeglichen bilanzieren zu können, löst die Landesregierung sämtliche Rücklagen auf – immerhin mehr als 150 Millionen Euro. Eine Neuverschuldung ist deshalb nicht nötig.

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Die Menschheit befindet sich mittlerweile im Dauerkrisenmodus, was sich auch auf die öffentlichen Kassen niederschlägt. Die Wirtschaft wächst nicht mehr, das Steueraufkommen stagniert nahezu und öffentlich Bedienstete können mit hohen Lohnabschlüssen rechnen. So zumindest listet Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) die finanziellen Herausforderungen für das kommende Jahr auf. Rund die Hälfte der 2,4 Milliarden fließt wieder in die personalintensiven Bereiche: 677 Millionen Euro sind für Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft reserviert – also vor allem für Pädagoginnen und Pädagogen. 662 Millionen Euro sind im Gesundheitsbereich vorgesehen. Wie stark die Personalausgaben steigen, zeigt der sogenannte Spitalsabgang. Länder und Gemeinden schließen jedes Jahr die finanzielle Lücke der Spitäler. Im kommenden Jahr beträgt diese Lücke 256,4 Millionen Euro. Im Jahr 2022 waren es noch 172,4 Millionen Euro.

Teure Spitäler: Im Jahr 2022 betrug der Spitalsabgang rund 172,4 Millionen Euro. Heuer sind 214,8 Millionen Euro budgetiert, im kommenden Jahr 256,4 Millionen Euro. <span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker">khbg</span>
Teure Spitäler: Im Jahr 2022 betrug der Spitalsabgang rund 172,4 Millionen Euro. Heuer sind 214,8 Millionen Euro budgetiert, im kommenden Jahr 256,4 Millionen Euro.  khbg

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Einen Teil dieser großen Lücke möchte Wallner mit frischem Geld aus dem Finanzausgleich schließen. „Vorarlberg erhält rund 22 Millionen Euro zusätzlich vom Bund. 2024 und 2025 werden wir einen Großteil davon für die Abgänge benötigen”, sagt der Landeshauptmann. Ist das auch möglich? Im Gesundheitsministerium möchte man sich auf VN-Anfrage nicht festlegen. Die Auszahlung von 600 Millionen Euro (von gesamt einer Milliarde) ist an Strukturreformen geknüpft. Das Geld sei also gebunden, sagt ein Ressort-Sprecher. An welche Reformen es gebunden ist und wie das Geld eingesetzt werden kann, werde derzeit noch verhandelt. Klar ist jedenfalls: Dieses Geld findet sich noch nicht im Budget.

Das Budget für den öffentlichen Nahverkehr steigt um 2,1 Prozent auf 50,2 Millionen Euro. Im Vorjahr betrug es 49,1 Millionen, im Jahr 2022 waren es 44,8 Millionen Euro.
Das Budget für den öffentlichen Nahverkehr steigt um 2,1 Prozent auf 50,2 Millionen Euro. Im Vorjahr betrug es 49,1 Millionen, im Jahr 2022 waren es 44,8 Millionen Euro.

Das gilt auch für rund 14 Millionen Euro für den Pflegetopf sowie für das Geld aus dem Zukunftsfonds. Mittlerweile wissen die Länder zwar, wie viel sie bekommen, allerdings steht noch nicht fest, welcher Betrag davon direkt an die Gemeinden weitergereicht wird. Insgesamt gibt es über den Finanzausgleich rund 100 Millionen Euro zusätzlich für Vorarlberg.

Blackout-Vorsorge: „Anschaffung von Kat-Einsatzgeräten" ist von 100.000 auf 370.000 Euro erhöht worden. Damit sollen Blaulichtorganisationen Notstromaggregate anschaffen.
Blackout-Vorsorge: „Anschaffung von Kat-Einsatzgeräten" ist von 100.000 auf 370.000 Euro erhöht worden. Damit sollen Blaulichtorganisationen Notstromaggregate anschaffen.

Obwohl noch unklar ist, welche zusätzlichen Euro für welchen Budgetposten verwendet werden dürfen, steht eines fest: Die gestiegenen Ausgaben werden mit Erspartem finanziert. Lange Zeit konnte das Land die Rücklagen halten oder gar steigern. „Dieses Geld haben wir für schlechte Zeiten”, betont Wallner. Und diese Zeiten sind jetzt wohl gekommen. Ökonomisch sei es sinnvoll, Rücklagen aufzulösen statt neue Kredite aufzunehmen, argumentiert der Landeshauptmann. Landesrat Daniel Zadra (Grüne) ergänzt: „Klar muss uns aber sein, dass dieses Geld nur einmal zur Verfügung steht und nicht dreimal ausgegeben werden kann.” Schon heuer greift das Land auf Rücklagen zurück, statt Darlehen aufzunehmen. Der Rücklagenstand könnte heuer um 40 Millionen Euro auf 156 Millionen Euro sinken, rechnet Wallner vor. „Aber wir müssen den Rechnungsabschluss abwarten. Wir rechnen jedenfalls krisenbedingt mit Mehrausgaben.” Die restlichen 156 Millionen Euro werden für das kommende Jahr benötigt.

Für die Elementarpädagogik werden 129,3 Millionen Euro ausgegeben. Vor einem Jahr waren es 100,7 Millionen Euro, vor zwei Jahren 100,7 Millionen. Noch weiter zurück: Im Jahr 2019 waren es 11,7 Millionen Euro.
Für die Elementarpädagogik werden 129,3 Millionen Euro ausgegeben. Vor einem Jahr waren es 100,7 Millionen Euro, vor zwei Jahren 100,7 Millionen. Noch weiter zurück: Im Jahr 2019 waren es 11,7 Millionen Euro.

Im Wahljahr sind Sparmaßnahmen jedenfalls unbeliebt – in Zukunft aber unvermeidbar. Wallner rechnet mittelfristig damit, den Sparstift ansetzen zu müssen. Im kommenden Jahr müssen aber die Menschen in der Teuerung noch unterstützt werden: Die erhöhte Wohnbeihilfe, die neue Wohnbauförderung, der höhere Heizkostenzuschuss und der Stromkostenzuschuss schlagen sich auf das Budget nieder. Der Stromkostenzuschuss ist bisher bis Mitte 2024 geplant. Wallner geht aber davon aus, dass er auf das ganze Jahr ausgedehnt wird.

Das Radweg-Budget steigt um 41,1 Prozent auf 13,5 Millionen Euro. Vor einem Jahr ist es auf 9,5 Millionen Euro gesunken, im Jahr 2022 wurden 11,4 Millionen ausgegeben.
Das Radweg-Budget steigt um 41,1 Prozent auf 13,5 Millionen Euro. Vor einem Jahr ist es auf 9,5 Millionen Euro gesunken, im Jahr 2022 wurden 11,4 Millionen ausgegeben.

Die Budgetierung wird also schwieriger. Ob dafür am Ende wirklich das komplette Sparschwein geschlachtet werden muss, oder ob sogar noch eine Neuverschuldung nötig ist, lässt sich erst am Ende des Jahres sagen. Es hängt davon ab, welche Krise noch auf uns wartet.

Weniger Straßenbau: Das vorgesehene Geld für den Straßenbau geht weiter zurück. 58 Millionen Euro sind budgetiert. Vor zwei Jahren wurden 65,4 Millionen Euro ausgegeben.
Weniger Straßenbau: Das vorgesehene Geld für den Straßenbau geht weiter zurück. 58 Millionen Euro sind budgetiert. Vor zwei Jahren wurden 65,4 Millionen Euro ausgegeben.