Wegen Umgang mit Klimademo: Grüne stellen Landtagspräsident Sonderegger infrage

Nach der gestrigen Sitzung gehen im Vorarlberger Landtag die Wogen hoch. Die grüne Klubobfrau wirft Präsident Sonderegger einen „Angriff auf die Demokratie“ vor, dieser erinnert Hammerer an ihren Amtseid.
Bregenz Im Landtag kracht es. Und zwar wegen Landtagspräsident Harald Sonderegger von der ÖVP. Dieser hatte in der Landtagssitzung am Mittwoch die Mittagspause um einige Minuten verschoben. Der Grund: Für 12.30 Uhr kündigten Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten eine Demonstration gegen den Feldkircher Stadttunnel vor dem Landhaus in Bregenz an.
Stichwort
§ 7 Versammlungsgesetz: „Während der Nationalrat, der Bundesrat, die Bundesversammlung oder ein Landtag versammelt ist, darf im Umkreis von 300 m von ihrem Sitze keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden.“
In § 7 des Versammlungsgesetzes steht, dass Versammlungen in einem Umkreis von 300 Metern rund um den Sitzungsort verboten sind, „während ein Landtag versammelt ist“. Was das genau bedeutet, ist unklar und wurde bisher nicht ausjudiziert. Die Streitfrage dreht sich darum, ob diese Bannmeile nur greift, während eine Sitzung in diesem Moment läuft, oder am gesamten Tag, also etwa auch wenn die Abgeordneten gerade in der Mittagspause sind.
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Hätte Sonderegger, wie geplant, die Sitzung gegen 12.30 Uhr unterbrochen, wäre die Auflösung der Demonstration durch die Polizei womöglich nicht mehr vom Gesetz gedeckt gewesen, so die Befürchtung. Zwar vertrat Verwaltungsjurist Peter Bußjäger in einer Stellungnahme an „Extinction Rebellion“ die Position, dass die Bannmeile selbstverständlich auch während einer Unterbrechung über Mittag gelte, aber Sonderegger erläutert: „Mir ist es darum gegangen, dass in einem allfälligen Verwaltungsstrafverfahren diese Frage fix nicht aufgeworfen werden kann, weil klar ist, dass der Landtag getagt hat.“ Die Stellungnahme Bußjägers liegt den VN vor. Er schreibt darin: „Sinn der Bannmeile ist es, Demonstrationen vom Parlament fernzuhalten. Diese Überlegungen gelten auch während der Mittagspause.“

Dennoch zögerte Sonderegger die Mittagspause etwas hinaus, indem er auch noch die zweite dringliche Anfrage des Tages aufrief: „Es ist derzeit eine illegale Versammlung vor dem Haus im Gange und damit keine Diskussion besteht, ob der Landtag tagt oder nicht, werden wir das noch machen“, sagte er im Plenum und sorgte für Aufregung. Die geschäftsführende Klubobfrau der SPÖ, Manuela Auer, meldete sich zu Wort: „Das war mit den Klubvorsitzenden nicht besprochen.“ Außerdem schließe die Kantine ja bereits um 14 Uhr.

Auch die Grünen sind mit der Vorgehensweise des Landtagspräsidenten alles andere als glücklich. Vizepräsidentin Sandra Schoch, die bereits in den sozialen Medien ihren Unmut andeutete, sagt den VN, dass es im Landtag Usus sei, sich mit allen Fraktionen abzustimmen: „Ein gutes Miteinander war uns immer sehr wichtig, wir hätten dem in dieser Form sicher nicht zugestimmt.“ Noch deutlicher wird aber ihre Parteikollegin, die Klubobfrau der Grünen, Eva Hammerer: „Der Landtagspräsident, der eigentlich neutral sein sollte, versucht Dinge zu beeinflussen, die nichts mit dem Landtag zu tun haben.“
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„Das ist ein Angriff auf die Demokratie“
Die Demonstration vor dem Landhaus sei eine Sache der Aktivisten und der Polizei, hier hätte Sonderegger nicht mitzureden. „Er missbraucht seine Position für seine eigene politische Agenda“, sagt Hammerer den VN und wird noch deutlicher: „Das schlägt dem Fass den Boden aus. Das ist ein Angriff auf die Demokratie.“

„Der Landtagspräsident, der eigentlich neutral sein sollte, versucht Dinge zu beeinflussen, die nichts mit dem Landtag zu tun haben. Er missbraucht seine Position für seine eigene politische Agenda. Das schlägt dem Fass den Boden aus. Das ist ein Angriff auf die Demokratie.“
Eva Hammerer, Klubobfrau, Die Grünen
Manuela Auer beschwert sich in ähnlichem Ton über die Vorgehensweise: „Die rechtliche Frage mit unserer Pause zu vermischen, halte ich für unzulässig. Damit nimmt man die Abgeordneten ja in Geiselhaft, wenn diese sitzen bleiben müssen, solange vor dem Haus protestiert wird.“ Und Hammerer spricht sogar davon, dass Sonderegger versucht hätte, den Landtag zu instrumentalisieren, „weil er halt ein Klimawandelleugner ist“. Er hätte dafür sorgen wollen, „dass sich die Demonstranten auf jeden Fall strafbar machen, und das ist der Wahnsinn“.
Der Fall sei sonnenklar
Sonderegger beschwichtigt: „Ob eine Sitzung unterbrochen wird, ist alleinige Kompetenz des vorsitzführenden Präsidenten – das ist sonnenklar. Mit der Mittagspause ab 12.45 Uhr lag ich im üblichen Rahmen.“ Das hätte nichts mit einem Einmischen in polizeiliche Angelegenheiten zu tun, sondern nur damit, dass diese mögliche Streitfrage ausgeschlossen ist. Er hätte sich aber relativ kurzfristig dazu entschlossen und dieses Vorgehen ganz bewusst nicht im erweiterten Präsidium – also mit den Klubs – besprochen. „Dann wäre das wahrscheinlich wieder über irgendwelche Kanäle nach draußen gelangt.“

Auch über diese Aussage empören sich die Grünen: „Wenn der Präsident dem erweiterten Präsidium, das laut Geschäftsordnung zu seiner Unterstützung berufen ist, misstraut, ist das bedenklich“, sagt Hammerer. Auch deswegen wirft die 48-Jährige die Frage auf, ob Sonderegger „noch der Richtige für die Position ist“. Sie werde die Angelegenheit jedenfalls in der nächsten Sitzung des Gremiums besprechen. Und dort wird auch Sonderegger ihr etwas zu sagen haben. Denn als Reaktion auf ihre Aussagen erinnert er sie an die Verfassung: „Die Frau Hammerer hat damit ihre Maske fallen lassen. Als angelobte Abgeordnete illegale Versammlungen zu unterstützen, erscheint mir höchst fragwürdig. Sie muss das zwar mit sich selbst ausmachen, aber sollte sich an ihren Amtseid erinnern und dass sie den Gesetzen verpflichtet ist.“