Wiederherstellung der Natur
Vor wenigen Tagen wurde in Brüssel in Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat (also den Regierungen der Mitgliedstaaten) zur Verordnung über die „Wiederherstellung der Natur“ Einvernehmen erzielt: Dieser Text, den das Parlament aber noch bestätigen muss, dürfte das wichtigste Gesetz der Europäischen Union sein, das je zum Naturschutz vorgelegt wurde.
„Offen bleibt, wie das im konkreten Fall möglich sein soll.“
Der genaue Wortlaut ist noch nicht zugänglich, was nicht gerade ein leuchtendes Beispiel an europäischer Transparenz ist. Man muss sich mit diversen Presseaussendungen von Umweltorganisationen begnügen, die bei allen Vorbehalten im Großen und Ganzen zufrieden sind. Sie kümmert es natürlich nicht, dass fraglich ist, ob die EU überhaupt so weitreichende Zuständigkeiten hat, um solche Regelungen zu erlassen. Das wird früher oder später der EuGH klären.
Das neue Gesetz gibt Ziele vor und überlässt es den Mitgliedstaaten grundsätzlich, wie sie diese erreichen wollen. Das ist an sich lobenswert. Offen bleibt, wie das im konkreten Fall möglich sein soll. Demnach müssten beispielsweise bis zum Jahr 2030, also innerhalb von sechs Jahren, 30 % der landwirtschaftlich genutzten Moorflächen „wiedervernässt“ werden. Die einzelnen Bauern und privaten Grundeigentümer sollen aber nicht verpflichtet sein. Da darf man Landtag und Landesregierung viel Ideenreichtum bei der Umsetzung dieses Ziels, das in ihre Zuständigkeit fällt, wünschen.
Ähnliches gilt für die Wiederherstellung naturnaher Wälder, was mit dem Erreichen einer bestimmten Waldvogeldichte gemessen wird. Bei Flüssen werden freie Fließstrecken verlangt, was bei den zahlreichen Kraftwerksnutzungen zweifellos schwierig ist. Und zu guter Letzt soll mehr städtisches Grün wachsen. Auch dabei handelt es sich um ein ambitioniertes Ziel, wenn man bedenkt, dass ja auch zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden muss und dort, wo bereits lockere Bebauung besteht, „nachverdichtet“ werden soll, so der Jargon der Raumplanung.
Wie das alles funktionieren soll, müssen die Mitgliedstaaten der EU in einem „nationalen Wiederherstellungsplan“ nachweisen, in dem auch die Kontrolle der Zielerreichung darzulegen ist. Wenn man den Eifer unserer Bundesministerien kennt, die Länder und Gemeinden zu beaufsichtigen, darf man mit einer enormen Überwachungsbürokratie rechnen.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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