Grenzgänger und Trommler

Die Menschen im Südburgenland leben ihre Tradition in Dörfern und auf Burgen.
Der Kleinrichter, auf Südburgenländisch Kluarichter, verkündete einst die Nachrichten des Bürgermeisters – vormals Richter genannt. Dazu trommelte er, bis die Leute aus den Häusern kamen. „Noch bis Ende der 1990er Jahre führten Schüler diese Tradition bei uns fort“, sagt Walter Temmel, Bürgermeister von Bildein. Dieser Brauch wurde schließlich abgelöst von der Amtstafel, der Gemeindezeitung „Der Grenzgänger“ und natürlich vom Internet. Gleichwohl kommt es immer noch vor, dass Gästegruppen mit einem Trommelwirbel begrüßt werden. So lässt das Gemeindeoberhaupt das alte Ritual als kleine Show aufleben und hat, wie ehemals der Trommler, die Zuhörer spontan auf seiner Seite. Bildein, im Bezirk Güssing und an der ungarischen Grenze gelegen, ist „Das Dorf ohne Grenzen“. „Damit wollen wir Offenheit und Toleranz gegenüber Volksgruppen und Religionen signalisieren. Gäste und Besucher sollen sich bei uns grenzenlos wohlfühlen“, rührt Temmel gleich die Werbetrommel für das Dorf und die pittoreske Weinidylle Südburgenland.
Identitätsstiftendes Haus
Das Leben entlang des Eisernen Vorhangs hat die Menschen im jüngsten Bundesland Österreichs, das in diesem Jahr erst 100 Jahre alt ist, geprägt. Einblicke gibt das mehrfach ausgezeichnete Geschichte(n)haus nach dem Konzept des Künstlers Andreas Lehner. „Wir zeigen die Dorfentwicklung anhand von vielen Exponaten. Zusätzlich wird sie nacherzählt an Audiostationen und auch authentisch vorgetragen von unseren ‚Geschichtenhaus-Damen’“, macht Lehner Lust auf einen Besuch. In Bildein ist alles nah beisammen. „picture on“, das jährliche Rockfestival, findet rund um den Kirchturm statt. In diesem Jahr ist es von 13. bis 14. August geplant – das Lineup kann sich jetzt schon sehen lassen. Als einzigartige Open Air Kulisse gilt das Dorfzentrum mit dem Pfarrstadel und der Chill-Out-Area im Apfelgarten mit uriger Uhudlerbühne. Zum 340-Seelen-Dorf gehört auch der Sandstrand an der Pinka.
Burg Bernstein und die Almásys
Nicht an der Pinka, aber auf der etwa 40 Kilometer entfernten Burg Bernstein haben die Almásys ihren Wohnsitz. Im hauseigenen Hotel mit prächtigen historischen Räumen müssen sich die Besucher entgegen aller Unkenrufe vor Gespenstern nicht fürchten. Gäste aus Vorarlberg haben sogar eine Art Heimvorteil bei den Geschwistern, die das Haus führen. So stammt der Mann von Anna Hase-Almásy aus Dornbirn, und Johanna Krecké, die Verlobte von Erasmus Almásy, ist ursprünglich Feldkircherin. Die Biodiversitätsexpertin sieht offenbar jede noch so kleine Echse im Gras, während sie mit Erasmus’ Eltern Andrea und Alexander Almásy und einer Gruppe von Gästen auf den Hausberg wandert. Gut, dass man sich zuvor an dem exzellenten Frühstück im Rittersaal der Burg gelabt hat – der Kienberg ist mit seinen 804 Metern immerhin einer der höchsten Gipfel im Burgenland. Auf dem Streifzug durch den Wald, in welchem jeder Hochsitz einen eigenen Namen hat, erzählt Alexander Almásy Geschichten über das Wild, die Hege und die Jagd. Auf dem Weg zurück erspähen die Wanderer den tief unten liegenden Steinbruch, wo der für Bernstein typische Serpentin abgebaut wird. Danach, im kleinen Lokal am Fuße der Burg, gibt es köstlichen Uhudler-Sturm. Und egal, was der weit gereiste Burgherr erzählt, es hört sich alles abenteuerlich an.

