Auf der Suche nach Tradition

Reise / 15.07.2022 • 10:09 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Manfred Smejkal und sein Sohn Michael sind zwei der letzten Gürtler Österreichs und erhalten damit einen Beruf, den es bereits im Mittelalter gab.Beate Rhomberg
Manfred Smejkal und sein Sohn Michael sind zwei der letzten Gürtler Österreichs und erhalten damit einen Beruf, den es bereits im Mittelalter gab.Beate Rhomberg

In Wien findet man noch heute altes Handwerk und spannende Geschichten.

Dass Wien voll von wunderschönen historischen Gebäuden ist, ist längst bekannt, aber in der Stadt gibt es noch ganz andere Geschichten zu entdecken, denn hier findet man auch heute noch fast vergessenes Handwerk, einen der letzten Familienbetriebe, die am Graben noch existieren, und natürlich die Spuren des berühmten Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. „Der junge Mozart hat in diesen Räumlichkeiten einst gelebt und gearbeitet“, erzählt Katharina Mölk voller Begeisterung, als wir durch die Wohnung spazieren, die Mozart während seines Wienaufenthaltes am längsten bewohnt hat. Schließlich zog er in nur zehn Jahren Wien ganze 14 Mal um. Wer sich für das Leben des Wunderkindes interessiert, kann sich im Mozarthaus ein schönes Bild davon machen. Wenn man sich auf den Spuren Mozarts bewegen möchte, ist man aber auch im Hotel „Das Tigra“ am Tiefen Graben an der richtigen Adresse. Das Hotel, dessen bauliche Geschichte bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht, ist eng mit dem Erfolg des Komponisten verwoben: Im Jahr 1762 residierte der damals Sechsjährige gemeinsam mit seinem Vater Leopold Mozart und seiner Schwester „Nannerl“ für mehrere Monate in jenem Gebäude, in dem das Hotel heute untergebracht ist. Während dieser Zeit hatte der junge Mozart seinen legendären Auftritt vor der Kaiserin Maria Theresia, der seinen Ruf als musikalisches Wunderkind begründete. Neun Jahre später übernachtete Mozart erneut im Haus am Tiefen Graben, der heutigen Hoteladresse.

Wäscheausstatter mit Tradition

Einige Meter vom Hotel entfernt, am berühmten Wiener Graben, dreht es sich beim Traditionsunternehmen „Zur Schwäbischen Jungfrau“ nicht um das Thema Musik, sondern um feinste Tisch- und Bettwäsche. Vor 302 Jahren wurde das bekannte Wäscheausstattungshaus gegründet, seit über 60 Jahren wird es von Inhaberin Kommerzialrätin Johanna („Hanni“) Vanicek geleitet, und die ist eine ganz eigene Geschichte für sich. Während wir durch das Geschäft schlendern, und damit auf der Stelle eine ungeahnte Liebe zu hochwertiger Wäsche entwickeln, erzählt Johanna Vanicek uns, wie sie einst den Palast der malaysischen Königfamilie mit Tischwäsche für 900 Personen ausstattete und der Sultan von Perak sie beim Staatsbesuch in Österreich als seine „Linen-Lady“ bezeichnete. Mittlerweile beliefert sie die ganze Welt, und die Kundenliste liest sich wie ein „Who is who“ – vom saudi-arabischen König Abd al-Aziz Ibn Saud bis zum Wiener Schauspieler Heinz Zuber oder der Schauspielerin Whoopy Goldberg. Selbst die Originalbettwäsche von Kaiserin Sisi kann man bei der Schwäbischen Jungfrau bewundern.

Den Geschichten aus Johanna Vaniceks Leben könnte man wohl stundenlang zuhören. „Einmal haben wir spontan für Barbara Streisand champagnerfarbene Bettwäsche gefertigt, denn sie war im Hotel Imperial untergebracht und wollte partout nicht in Weiß schlafen“, erinnert sich die sympathische Geschäftsfrau lachend. Der Titel ihres zum Jubiläum erschienenen Buches „Das Geschäft ist meine Bühne“ könnte wohl nicht passender gewählt sein. Aber dann gibt es auch ernstere Themen, die sie anspricht: „Zwar hat mein Sohn Theodor inzwischen das Geschäft übernommen, aber wenn ich einmal nicht mehr bin, endet auch der bestehende Vertrag für unser Geschäftslokal. Danach wird die Miete auf 30.000 Euro monatlich steigen und das können wir uns als kleines Familienunternehmen unmöglich leisten“, berichtet sie mit Tränen in den Augen. Denn wie so viele andere, ist auch das Gebäude am Graben 26 in ausländischer Investorenhand

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