Wassermassen lassen Ostösterreich zittern

Überflutungen nun auch entlang der Donau. Erste Kritik an Experten: „Prognosen waren falsch.“
Wien. Hochwasser und kein Ende in Sicht – so könnte man die prekäre Situation beschreiben, die gestern in einigen österreichischen Bundesländern herrschte. Während in Tirol die Aufräumarbeiten begonnen haben und in Salzburg nach einem ersten Durchatmen die Schäden sichtbar wurden, herrschten in Ober- und Niederösterreich Hoffen und Bangen. Denn die Pegel der großen Flüsse – vor allem Inn und Donau – waren weiter im Steigen. Zu diesem Zeitpunkt standen einige Orte, zum Beispiel Melk (NÖ), bereits unter Wasser.
Verkehrstechnisch ging in Tirol und Salzburg nur wenig. Sowohl Bahnstrecken als auch zahlreiche Hauptverkehrsstraßen waren gesperrt. Laut ÖAMTC galten mehr als 100 Verbindungen als unpassierbar. Hunderte Bahnreisende, die am Sonntag am Salzburger Hauptbahnhof stundenlang ausharren mussten, weil zahlreiche Zugverbindungen unterbrochen waren, wurden vom Bundesheer „gerettet“ und über Nacht in Kasernen einquartiert.
100 Muren verzeichnet
Im Tiroler Unterland bot sich den Einsatzkräften ein verheerendes Bild, die Schäden waren zum Teil enorm – insbesondere im arg getroffenen Ort Kössen im Bezirk Kitzbühel. Zumindest konnte dort die Stromversorgung bis Mittag weitgehend wieder hergestellt werden. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kündigte erste Sofortmaßnahmen an. Bisher wurden an die 100 Hangrutschungen und Muren verzeichnet, berichtete Marcel Innerkofler, Leiter der Landeswarnzentrale. Die Wasserrettung hatte Boote aus allen Teilen des Landes für das Katastrophengebiet zusammengezogen.
Nachhaltige Schäden
Fluten und Murenabgänge haben in Salzburg die Landwirtschaft getroffen. „Was ich von den Fernsehbildern sagen kann, so glaube ich, dass man etwa im Saalachtal von einem Totalschaden für die betroffenen Bauern sprechen kann. Das ist das Schlimmste, was einem passieren kann“, sagte der Sprecher von Agrar-Landesrat Sepp Eisl (ÖVP). Der sehr breit aus den Ufern getretene Fluss habe dort große Steine, Treibholz und große Mengen Schlamm in den Wiesen zurückgelassen. Es werde lange dauern, bis die Flächen abgeerntet werden können. Damit werde auch die Futterversorgung für das Vieh ein Problem.
In Oberösterreich stand vor allem die Gegend um Schärding, wo ein Flutopfer reanimiert werden musste, im Brennpunkt. „Niemand hat gedacht, dass das Wasser so hoch wird“, berichtete der fassungslose Schärdinger Bürgermeister Franz Angerer (ÖVP). Dramatisch ist die Situation in Passau (D), wo der Wasserstand der Donau Angst und Schrecken verbreitet (siehe ausführlicheren Artikel dazu). Im Machland, das beim Jahrhunderthochwasser 2002 schwer getroffen worden war, hoffte man, dass die Wassermassen nicht über die Dammkrone klettern würden. Laut dem OÖ-Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) wurden den Voraussagen zu geringe Parameter zugrunde gelegt. „Die Prognose war falsch“, sagte er nach der ersten Sitzung des Landeskrisenkoordinationsgremiums.
Melker Altstadt überflutet
Angespannt war die Lage gestern auch entlang der Donau in Niederösterreich. In Melk nahm die Bevölkerung die Überflutung der Altstadt relativ gelassen, während man den Einwohnern von Krems-Stein empfahl, „Hab und Gut aus den unteren Geschossen in Sicherheit zu bringen“. Zu hochwasserbedingten Evakuierungen kam es in Korneuburg. Bewohner mussten auf Veranlassung der Polizei eine Siedlung verlassen, zuvor war eine ältere Frau per Zille geborgen worden. Die Hochwassereinsätze der Feuerwehr in Niederösterreich haben gestern auch den Bezirk Bruck a.d. Leitha erreicht. In Bad Deutsch Altenburg wurden vorsichtshalber 30.000 Sandsäcke verlegt.
Niemand hat gedacht, dass das Wasser so hoch wird.
Franz Angerer






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