„Je lokaler, regionaler, saisonaler, umso besser“

Drei-Hauben-Koch Thorsten Probost im VN-Interview über seine Erfolgsrezepte.
lech. Thorsten Probost zählt zu den besten Köchen Österreichs. Nach über zehn Jahren als Küchenchef im Oberlecher Burg Vital Resort hat er Anfang des Jahres dort die Position des „Executive Chef Küche“ übernommen.
Seit Jahren ist Ihr Restaurant in allen Gourmetführern an der Spitze der Vorarlberger Gastronomie, wie schafft man das auf Dauer?
Probost: Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, hier was Neues zu machen, habe ich gesagt: Hauben, Sterne – das ist mir alles viel zu stressig, das habe ich jetzt so lange gemacht, das tue ich mir nicht an. Da hat es geheißen, ist ja kein A-la-Carte-Restaurant, da kann dich keiner bewerten. Nach der ersten Wintersaison kam dann der Zubau mit dem Restaurant. Als wir dann doch im Gault Millau standen, hat Herr Lucian gesagt, ruhig, mit 13 Punkten ist noch nichts passiert, wir kochen das, was wir wollen, wir gehen keinen Mainstream, wir machen Burg-Vital-Style. Im nächsten Jahr hatten wir 17, im Jahr darauf 18 Punkte und haben die durchgehend gehalten. Und eigentlich läuft alles so, wie wir uns das am Anfang vorgenommen haben. Es gibt Vitalkochen und wir verbiegen uns nicht. Wir haben keine Speisekarte, wir haben nur eine Information mit welchen Produkten wir arbeiten – je lokaler, regionaler, saisonaler, umso besser.
Worin unterscheiden Sie sich von anderen Restaurants?
Probost: Ich glaube am meisten in den Kräutern, in der absoluten Naturbelassenheit, dass keine geschmacksgebenden anderen Stoffe mitverkocht werden, und dass sehr viel altes Wissen in die Gerichte einfließt.
Regionalität ist ein großes Thema in der Gastronomie. Wird der Begriff überstrapaziert?
Probost: Bis zum Überstrapazieren dauert es eine Zeit. Da muss man schon ganz brachial reingehen. Wenn man natürlich sagt, man verwendet nur das, was aus der Region oder aus dem Land kommt, dann wird es schnell einmal dünn. Einen Pfeffer, den bekommen wir wegen dem Klima hier nicht zu wachsen. Auch Salz hätten wir dann keines. Aber irgendetwas herzubringen vom anderen Ende der Welt und zu sagen, das ist super und das andere draußen auf der Wiese das mag ich nicht…
Verzichten Sie gänzlich auf Produkte der klassischen französischen Hochküche? Geht das überhaupt in einem mondänen Urlaubsort wie Lech?
Probost: Wenn der französische Rohmilch-Käse nicht zu den mondänen Produkten zählt, dann mit einem hundertprozentigen Ja. Österreich hat keinen Zugang mehr zum Meer, deshalb gibt es in der Griggeler Stuba absolut nichts aus dem Salzwasser. Wir haben auch keine Gänsestopfleber oder Presalé-Lämmer. Bei der Produktvielfalt, die wir haben, können wir wirklich sagen: Das wollen und brauchen wir nicht.
Wollen Sie „Vitalkochen“ auch außerhalb des Burg Vital Resorts etablieren? Ist Ihre Kochphilosophie „franchisefähig“?
Probost: Die Philosophie wäre es, soll es aber nicht. „Vitalkochen“ funktioniert im Burg Vital Resort in Oberlech. Hier wurde es erfunden oder hat sich ergeben und wird auch hier heroben bleiben.
Sie haben das Küchenzepter an einen Ihrer Schüler übergeben. Was ist Ihre neue Aufgabe im Burg Vital Resort?
PRobost: Küchenchef Markus Pichler und ich sind gemeinsam für die Kreativität verantwortlich. Ich schaue außerdem, dass die Jungs die beste Ware haben und mache Trainings mit den Köchen im Haus. In einem relativ normalen Restaurant bekommt man das Rinderfilet vakumiert, schneidet fünf Blöcke herunter, brät es an und gut. Bei uns aber kommt ein Ochse, da wissen die Buben gar nicht, wo sie anfangen sollen zu schneiden. Die nächsten Projekte werden sein, sich im Land nach Höfen umzuschauen, die für uns das Gemüse anbauen, mit denen wir die Kollektion festlegen können.
Was machen Sie nach dieser Saison, um sich auf Ihre neue Aufgabe als Executive Chef vorzubereiten?
Probost: Ich mache heuer zum ersten Mal Urlaub. Ich werde zwei, drei Regionen bereisen, in denen ich mir Sachen anschauen kann und die ich danach in das System adaptieren möchte. Das wird sicher Istrien-Kroatien sein. Da gibt es ganz gewaltige Kollegen, die wahnsinnig viele Ideen haben. Ich möchte zum Beispiel eine eigene Salami oder eine Rohwurst haben, die konsequent gut reifen kann. Das haben wir schon lange probiert, ist uns aber nie gelungen.

Zur Person
Thorsten Probost
Geboren: 2. März 1973 in Geislingen (Baden-Württemberg)
Laufbahn: Lehre im Burgrestaurant Staufeneck in Salach, anschließend u.a. im Hotel Sackmann im Schwarzwald, im „Die Scheuer“ in Frankfurt, im Schloß Prielau in Zell am See, seit 2002 im Burg Vital Resort in Oberlech
Motto: „Wer glaubt, gut zu sein, hat aufgehört, besser zu werden.“
Auszeichnungen: u.a. wurde er 1999 vom Gourmet-Führer Gault Millau als Newcomer des Jahres und 2008 als „Koch des Jahres“ ausgezeichnet.
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