Fassungslosigkeit nach Amokfahrt

26-Jähriger tötet drei Menschen in Grazer Innenstadt. Familiäre Probleme vermutet.
Graz. Die grünen Markierungen der Spurensicherer auf dem Asphalt zeugen noch von dem Schrecken, der sich am Samstagmittag in der steirischen Landeshauptstadt zugetragen hat. Es herrschen Trauer und Fassungslosigkeit. Die Frage, warum ein 26-jähriger Familienvater mit seinem Geländewagen gezielt Fußgänger überfuhr und mit dem Messer attackierte, verlangt nach Aufklärung.
Drei Menschen kamen bei der Amokfahrt in Graz ums Leben, darunter ein vierjähriger Bub und ein frisch verheirateter Mann. 34 Personen wurden verletzt, ringen zum Teil noch mit dem Tod.
Die Hintergründe der Tat sind noch nicht geklärt, auch weil der Täter bis jetzt keine schlüssigen Angaben zu seinen Beweggründen gemacht hat. Der 26-Jährige aus der Umgebung von Graz, so die Ermittlungen, ist Familienvater, wurde aber von seinem Wohnort weggewiesen. Der Mann soll wegen häuslicher Gewalt amtsbekannt sein.
Gezielt Menschen attackiert
Am Samstag steigt der junge Mann in sein Auto und biegt gegen 12.15 Uhr in die Grazer Zweiglgasse ein. Er fährt auf ein Ehepaar zu und rammt die beiden Fußgänger. Der Mann stirbt sofort, seine Frau wird schwer verletzt. Augenzeuge der Tat ist der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl, der auf seiner Vespa unterwegs ist. Er kann sich nur knapp in Sicherheit bringen.
Der Täter fährt zunächst weiter, steigt dann aber vor einem Lebensmittelgeschäft aus und sticht einen Mann nieder. Wieder am Steuer rammt er wenig später mehrere Radfahrer. Dann nimmt er Kurs auf die Herrengasse, wo er einen vierjährigen Buben und eine 25-jährige Frau überfährt, beide sterben.
Auf dem Hauptplatz verletzt der Amokfahrer noch weitere Menschen teils schwer, ehe er in der Schmiedgasse vor der Polizeistation eine Vollbremsung hinlegt. Entgegen anderslautender Darstellungen am Samstag stellte sich der Mann jedoch nicht selbst, sondern wurde von Polizeibeamten aufgefordert, das Auto zu verlassen. Er leistete keinen Widerstand und wurde festgenommen.
Noch kaum vernehmbar
Am Samstag konnte der 26-Jährige nicht vernommen werden. Nicht einmal auf die Fragen der behandelnden Ärztin konnte er aufgrund seines psychischen Zustands antworten. „Angeblich hat er bei seiner Festnahme von einer Messerstecherei gesprochen. Dass er auf dem Weg in die Schmiedgasse mit dem Auto jemanden angefahren habe, hielt er für möglich“, so Christian Kroschl, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Über eine zweite Befragung, die am Sonntag um 14 Uhr begonnen hatte, gab es bis zum Abend kaum Informationen. Der 26-Jährige wich immer wieder aus, schilderte der Staatsanwalt. Der Verdächtige sollte anschließend in eine Haftanstalt gebracht werden, wo er am heutigen Montag einem Haftrichter vorgeführt wird.
Der klinische Psychologe Salvatore Giacomuzzi geht von einer geplanten Tat des Mannes aus. „Alleine die Tatsache, dass der Mann gezielt auf Passanten zuraste, sie verfolgte und immer wieder Menschen überfuhr, deutet darauf hin“, sagte er am Sonntag zur APA.
Der Innsbrucker Experte betonte, dass jegliche Schlüsse und Spekulationen, die derzeit über den Mann angestellt würden, lediglich auf der Basis der bisher bekannten Details, also dass der 26-Jährige nach einem Fall von Gewalt in der Familie weggewiesen wurde, gezogen werden können. Die Vorgehensweise des Mannes deute aber darauf hin, dass es sich um keine Schizophrenie oder Depression gehandelt habe. „In diesem Fall würde man sich eher zurückziehen und um den Zusammenbruch der Familie trauern“, meinte er.
Trauergottesdienst
Am Samstagabend kamen Hunderte Menschen zu einem Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche in der Landeshauptstadt der Steiermark zusammen. Tausende folgten zudem dem Facebook-Aufruf eines Bürgers und stellten in der Innenstadt Kerzen ab.
Von den 34 Verletzten waren am Sonntag noch drei Erwachsene in kritischem Zustand. Zwei Kinder lagen auf der Intensivstation.
