Anschlag erschüttert Frankreich

Islamistische Attacke nahe Lyon. Mann enthauptet, zwei Verletzte. Täter festgenommen.
Lyon. (VN) Ein knappes halbes Jahr nach den tödlichen Terroranschlägen auf die Redaktion der Satirezeitschtift „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt in Paris, bei dem 17 Menschen getötet worden waren, kam es am Freitag erneut zu einem Anschlag in Frankreich, bei dem ein Mann getötet und zwei weitere verletzt wurden.
Mit Fahnen, die jenen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ähneln, stürmten am Vormittag zwei Männer eine Gasfabrik in Saint-Quentin-Fallavier südöstlich von Lyon – laut Polizeiangaben hätten sie die Industrieanlage in die Luft jagen wollen. Bei der Attacke steuerten die Angreifer ein Auto in das Tor der Fabrik, durchbrachen es, rammten Gaskanister und lösten so eine Explosion aus, bei der zwei Mitarbeiter der Firma verletzt wurden. Zuvor hatte einer der beiden Männer seinen Arbeitgeber, den Chef einer örtlichen Transportfirma, ermordet. Er hatte den Mann ganz nach Manier des IS enthauptet. Den Rumpf fanden die Emittler an einem Zaun um das Fabriksgelände, den Kopf hatten die Attentäter mit islamischen Schriftzeichen verunstaltet und am Eingang der Anlage auf einen Zaun aufgepflanzt. Daneben weitere Islamistenflaggen.
Das betroffene Werk in Saint-Quentin Fallavier gehört dem US-Unternehmen Air Products und stellt mitunter gefährliche Gase und andere flüchtige Stoffe für die Industrie her. Es war nicht durch besondere Maßnahmen geschützt. Nach dem Anschlag vom Freitag ordnete die Regierung für die Region umgehend erhöhte Sicherheitsvorkehrungen an.
Verdächtiger amtsbekannt
Laut dem Pariser Staatsanwalt François Molins befinden sich vier Personen in Gewahrsam – neben dem Angreifer auch dessen Frau, seine Schwester sowie eine weitere verdächtige Person. Letzterer war dem französischen Inlandsgeheimdienst DGSI bekannt. Innenminister Bernard Cazeneuve sagte, der mutmaßliche Attentäter stehe in Verbindung mit salafistischen Organisationen. Die Behörden seien bereits 2006 auf den 35-jährigen Yassine S. wegen radikaler Tendenzen aufmerksam geworden. Eine 2006 angelegte Akte wurde dann aber 2008 nicht fortgeschrieben. Gegen den Mann lag nichts vor. Nähere Angaben machte Cazeneuve zunächst nicht.
Die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen und löste eine Großfahndung nach möglich weiteren Mittätern oder Helfern der beiden Inhaftieren aus. Auch das deutsche Bundeskriminalamt BKA schaltete sich ein und tauschte sich mit den französischen Kollegen aus. Etwas später stellten die Behörden einen weiteren Tatverdächtigen und verhaftete auch die Frau des Hauptverdächtigen, am Abend wurden zwei weitere Personen in dem Zusammenhang verhaftet.
Frankreichs Präsident François Hollande brach wegen des Anschlags seine Teilnahme am EU-Gipfel in Brüssel ab und berief eine Sitzung des Sicherheitskabinetts in Paris ein. Auch die deutsche Bundesregierung, die in Sachen Terrorbekämpfung seit den Anschlägen von Paris eng mit Frankreich zusammenarbeitet, verurteilte das Attentat. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: „Diesen Akt des Terrors und des Fanatismus verurteilen wir auf das Schärfste. Wir sehen uns vereint mit Frankreich in der Verteidigung unserer freien Gesellschaft gegen den blinden Hass des Terrors.“
Erst im April vereitelte die Polizei einen Terrorangriff auf eine Kirche. Der mutmaßliche Täter soll Kontakte nach Syrien gehabt haben. Viele Franzosen sind inzwischen verunsichert, weil die Terroristen zum Teil lange vor den Attacken vom Netz der Fahnder erfasst waren.



