“Die soziale Kompetenz war mir immer sehr wichtig”

Spezial / 21.07.2015 • 19:25 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Besuch im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum Rankweil. Egon Blum im Gespräch mit Lehrlingen und Ausbilderin. Foto: Stiplovsek
Besuch im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum Rankweil. Egon Blum im Gespräch mit Lehrlingen und Ausbilderin. Foto: Stiplovsek

„Lehrlingspapst“ Egon Blum (75) wird mit dem Dr.-Toni-Russ-Preis ausgezeichnet.

Höchst. Treffpunkt ÜAZ. Das Überbetriebliche Ausbildungszentrum in Rankweil ist ein Kind von Egon Blum, die Idee kam ihm als Regierungsbeauftragter – in dieser Funktion hat er solche Ausbildungszentren in verschiedenen Bundesländern besucht. „Das brauchen wir in Vorarlberg auch“, war sein Gedanke. Gesagt, getan – unterstützt wurde er dabei vom damaligen Landeshauptmann Herbert Sausgruber, der Wirtschaftskammer und der Lebenshilfe. Rund 160 Jugendliche machen in den Werkstätten inzwischen ihre ersten beruflichen Gehversuche. Die meisten von ihnen werden nach zwei Jahren in einem Betrieb übernommen. „Das ist ja super“, freut sich der 75-jährige Blum, der sein Alter aber niemals zum Anlass nähme, um kürzerzutreten.

Erfolgreicher Blum-Bonus

„Ich höre mit meinem Engagement nicht auf, nur weil ich nicht mehr die entsprechende Funktion habe“, erklärt Egon Blum. Und geht damit manchem Sozialpartner und Politiker in Österreich ganz schön auf die Nerven. Der von ihm geschaffene Blum-Bonus ist sieben Jahre nach seiner Tätigkeit als Regierungsbeauftragter und dem Auslaufen der Aktion für Interessenvertreter und Politiker verschiedener Parteien immer noch das einzig probate Mittel, um Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen. Bedarf ist gegeben. 70.000 Jugendliche in Österreich haben aus verschiedenen Gründen keine Ausbildung. „Statt 5000 neuer Lehrstellen durch ein neues Beschäftigungsprogramm, wie von der Regierung versprochen, sind es nun 22.000 weniger“, stellt er fest.

Egon Blum ist in Österreich der „Mister Ausbildung“, auch „Lehrlingspapst“ ist eine gebräuchliche Titulierung für ihn. Und das hat tausend gute Gründe. Wohl niemand hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so für die Ausbildung eingesetzt, obwohl er bescheiden hinzufügt: „Das war ja nicht ich alleine, da haben viele ihren Beitrag dazu geleistet. Für seinen Beitrag zur Ausbildung in Vorarlberg und Österreich wird Egon Blum heuer mit den Dr.-Toni-Russ-Preis ausgezeichnet. Die Jury würdigt das bildungspolitische Wirken von Egon Blum und seine damit verbundenen großen Verdienste um die duale Ausbildung in Österreich. Mit seinem Engagement und seinen Initiativen hat er die berufliche Lehre auf das Niveau der schulischen Ausbildung gehoben und damit auch wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch wirksame Maßnahmen gesetzt, die dem Standort Vorarlberg im speziellen und Österreich insgesamt sehr zugute kamen.

Lebenslang gelernt

Der Ausbildungspionier hat Werkzeugmacher gelernt. Seine Lehre war ihm Anlass, es besser zu machen, wenn er denn die Möglichkeit dazu erhält: „Was man mit mir gemacht hat, soll niemanden mehr passieren“, sagt er rückblickend über diese Zeit. Als er nach der Ausbildung seinen erste Stelle angetreten hat, war das Erwachen böse, denn er musste erst einmal nachholen, was ihm sein Lehrmeister nicht beigebracht hat. Neben dem fachlichen Inhalt legte er immer auch auf eine weitere Eigenschaft wert: „Die soziale Kompetenz war mir von Anfang an sehr wichtig.“ Seit seiner Lehrzeit hat er sich auch immer selbst weitergebildet: die Werkmeisterschule oder das Handelsdiplom zum Beispiel.

Zur Person

Egon Blum

Manager, Regierungsbeauftragter i. R.

Geboren: 8. Februar 1940 in Höchst

Ausbildung: Pflichtschule,  Lehre als Werkzeugmacher bei der Maschinenbau-Firma Max Hermann in Hard

Berufsbegleitende Weiterbildung: Schweizer Werkmeister-Schule, Handelsdiplom für Kaufleute, verschiedene Ausbildungsprogramme

Laufbahn: Firma Starrag, Rorschach, zuletzt als Leiter der Konstruktion, 1970 bis 2005 Leiter der Technik und Mitglied der Geschäftsleitung (Bereiche: Entwicklung, Betriebsmittelkonstruktion, Werkzeug- und Spezialmaschinenbau, Qualitätssicherung und die Lehrlingsausbildung)

Überbetriebliches Engagement: siehe unten

Familie: Verheiratet seit 1963, drei Töchter, sechs Enkel.

Auszeichnungen: Großes Verdienstzeichen des Landes Vorarlberg,  Anton-Benya-Hauptpreis für Verdienste um die Lehrlingsausbildung, Hans-Huber-Stiftungspreis für „Engagierte und erfolgreiche Förderung der beruflichen Ausbildung in der Region Bodensee“, Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, Ernennung zum Kommerzialrat für außerordentliche und herausragende Verdienste um die österreichische Wirtschaft, Ehrenpräsident des Kuratoriums der HTL Bregenz.