Christa Dietrich

Kommentar

Christa Dietrich

Die Evolution klingt durch

Spezial / 22.07.2015 • 20:52 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Evolution statt Revolution, hieß es im Vorfeld der 70. Festspielsaison. Das wirkt plausibel, logisch, aber auch verallgemeinernd oder ausweichend. Ende August letzten Jahres wurde David Pountney von den Bregenzern verabschiedet. Mit Elgars „Pomp and Circumstance“ hatte er sich bereits bei seiner ersten Eröffnung empfohlen, das Nachwinken des Publikums glich einem Ovationsorkan. Zu betonen, dass die Festspiele nun erstmals eine Intendantin haben, das lassen wir den Rednern dieses eine Mal noch durchgehen, dann gilt das, was Elisabeth Sobotka bereits zum Ausdruck brachte: Sie zeigt keine weibliche Handschrift, sondern eben ihre.

 

Und das ist schließlich auch die Aufgabe der künstlerischen Leitung. Denn mehr als Evolution darf es ruhig sein und das klingt zumindest schon durch. Nicht nur bei der Eröffnung, bei der man deutliche Worte im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen fand, für die man sich aber dennoch überlegen sollte, ob es immer noch gut ist, sich eine Festrednerin (oder auch einen Festredner) zu sparen.

Weil bis Juni noch nicht klar war, ob die Bregenzer Festspiele im nächsten Jahr mit einer zumindest leichten Subventionsanpassung rechnen dürfen, zog Elisabeth Sobotka mit keinem üppigen Programm ins Land. Konkrete Aussichten auf Opernraritäten und Uraufführungen zu machen, erweist sich unter diesen Vorzeichen als mutig, war die Finanzierung der Hausoper für das Jahr 2016 bis vor Kurzem doch noch gar nicht gesichert. Es zeigt sich da vielleicht schon jene Unerbittlichkeit, die man speziell auch in Vorarlberg braucht. Alfred Wopmann legte sie an den Tag, als er nicht nur eine Bregenzer Dramaturgie kreierte, sondern auch jede Menge Argumente für den Ausbau des Festspielbezirks lieferte; David Pountney zeigte sie, als er Uraufführungen im großen Haus ansetzte, obwohl er wusste, dass er dafür neues Publikum gewinnen muss (und gewann), weil ihm ein Teil wegfiel.

Mit einer speziellen Hinwendung zur Musik und mit der Etablierung einer Plattform für junge Sänger und neue Kunst tritt Sobotka an, ohne die Lust aufs Spektakel geringzuschätzen. Die Evolution bekommt Konturen. Tradition zu wahren, heißt in Bregenz, im Vergleich zu anderen Festspielzentren, nur, auf hohe Qualität zu achten. Das ist ein Vorteil; es ist im Hinblick auf die angespannte Finanzlage aber ohnehin schwer genug.

Es zeigt sich da vielleicht schon jene Unerbittlichkeit, die man speziell auch in Vorarlberg braucht.

christa.dietrich@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-225