Charles Ritterband

Spezial / 24.04.2016 • 22:47 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Charles Ritterband

Nach dieser Wahl ist in Österreich kein Stein auf dem anderen geblieben: Das Ende nicht der Zweiten, sondern der Zweierrepublik, des Duopols der „ewigen“ Koalitionsregierungsparteien SPÖ und ÖVP ist eingeläutet, und die Herrschaft der rechtspopulistischen Oppositionspartei mit schalem Nazi-Nachgeschmack kündigt sich an. Ein neues Zeitalter ist angebrochen. Da wird alles Haareraufen und Zähneknirschen bei den beiden Regierungsparteien nichts nützen: Sie haben versagt und das Wahlvolk hat ihnen die Quittung in die Hand gedrückt. Ihr peinlicher Versuch, in der Flüchtlingspolitik der von der FPÖ vorgegebenen Linie hinterher zu hetzen, ist, wie abzusehen war, gescheitert. Die katastrophalen Ergebnisse von Hundstorfer und Khol erstaunen niemanden. Die Nation will Veränderung und hat dies unzweideutig kundgetan.

Bundespräsidentenwahlen sind theoretisch Persönlichkeitswahlen. Das war einmal. Diesmal haben nicht politische Wertschätzung und persönliche Sympathie die Hand geführt, die das Kreuz an der Urne machte, sondern der Unmut: 52 Prozent der Österreicher allgemein sehen laut Umfragen die Entwicklung ihrer Nation negativ (und nur zwölf Prozent positiv) – bei den Hofer-Wählern sind es 80 Prozent. Dies war eine Protest- und keine Persönlichkeitswahl: Hofer ist alles andere als eine charismatische Persönlichkeit, hingegen sind Hofer-Wähler zu 48 Prozent mit der Arbeit der Bundesregierung nicht zufrieden und nur 14 Prozent zufrieden – die Unzufriedenheit äußert sich bei den Hofer-Wählern am deutlichsten.

Für den zweiten Wahlgang werden die Karten neu gemischt. Hofer wird gegen Van der Bellen antreten. Dessen Wahlkampfleiter hat ohne zu zögern verkündet, Griss zu unterstützen, falls ihr Kandidat nicht in die Stichwahl kommt – umgekehrt würde sich Griss eine Entscheidung über Unterstützung von Van der Bellen oder Hofer vorenthalten. Spricht nicht gerade für ihren Charakter. Entscheidend jedenfalls wird sein, ob sich SPÖ-Wähler, ÖVP-Wähler und auch Griss-Wähler im zweiten Wahlgang hinter Van der Bellen stellen, um Hofer und damit ein künftiges FPÖ-Regime zu verhindern.

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