Der Landeshauptmann sieht eine letzte Chance

Landeshauptmann Wallners Fazit: Ein gutes Regierungspersonal, Stillstand in der Regierung.
Bregenz. Lange Gesichter, Ironie bei jeder Wortmeldung, Ratlosigkeit; die Stimmung in der ÖVP-Landesgeschäftsstelle am Sonntagnachmittag ist gedrückt. Der zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf ist da, Nationalratsabgeordneter Norbert Sieber ist da, ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück ist da, und um 15 Uhr ist das Vorarlberger Wahlergebnis da: ÖVP-Kandidat Andreas Khol holt im schwarzen Bundesland 10,6 Prozent. Kurz darauf verlassen die meisten Anwesenden das Büro, eine Wahlparty war ohnehin nicht geplant.
Regierung abgestraft
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) spricht von einem Erdrutsch, von einer intensiven Proteststimmung, von mehr als nur einem Warnschuss. Seine Analyse: „Es existiert großer Reformbedarf, die Regierung wurde abgestraft. Sie hat bei der Bildung nicht viel vorwärts gebracht, die Pensionsreform ist nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben wurde. Bis 2018 gibt es jetzt die letzte Chance, etwas zu tun.“ Themen gäbe es genug. „Arbeitsmarkt, Flüchtlingsbewegung, Pensionen, Bildung“, zählt der Landeshauptmann auf. Ähnlich sieht es Klubobmann Frühstück: „Das war eine Ohrfeige. Die Wähler haben gezeigt, dass sie mit der Koalition nicht zufrieden sind.“
Schlechter Start
Aber eine untätige Regierung alleine macht noch keinen Erdrutsch. Wallner glaubt, dass Khols Wahlkampf von Beginn an unter einem schlechten Stern stand. „Schon die Art und Weise, wie über seine Kandidatur entschieden wurde, war unglücklich“, resümiert Wallner. Zudem sei der Zeitpunkt des Wechsels im Innenministerium nicht gerade optimal gewesen. Das sieht auch Frühstück so: „Die Pröll-Khol-Geschichte am Anfang war ein holpriger Start.“
Einen weiteren Grund für die Niederlage trage den Namen Irmgard Griss. Das bürgerliche Lager sei nicht einheitlich aufgetreten, sagt Wallner: „Das Lager hat sich zumindest auf Khol und Griss aufgeteilt. Auch Van der Bellen hat einige bürgerliche Wähler angezogen.“ Eine Personaldiskussion will der Landeshauptmann nicht vom Zaun brechen: „Das Team um Reinhold Mitterlehner will ich nicht infrage stellen.“ Neuwahlen seien aber auch nicht richtig. Für Frühstück zeigt das starke Abschneiden von Norbert Hofer noch etwas: „Ein jüngerer Kandidat hat gewonnen. Das müssen wir uns für die Zukunft merken.“
Wallner glaubt nicht, dass sich bis zur Stichwahl am 22. Mai in der ÖVP etwas tun wird. Wahlempfehlung will der Landeshauptmann keine abgeben. Auch Frühstück will sich nicht deklarieren. Welcher Kandidat ihm am
liebsten wäre? „Ein jüngerer Andreas Khol“, sagt er, und fügt an: „Dafür ist es aber leider zu spät. Die aktuellen Kandidaten haben beide ihre Vor- und ihre Nachteile.“ Sowohl Wallner als auch Frühstück übernehmen das Wording der Bundespartei: Der Wähler sei mündig genug, um selbst entscheiden zu können.
Schon die Art und Weise, wie über Khols Kandidatur entschieden wurde, war unglücklich.
LH Markus Wallner
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.