Machterhalt um jeden Preis

Inhaltliche Akzente waren für Ex-Kanzler Faymann nachrangig.
Wien. (joh) Was bleibt von Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann? Reformen sind es nicht. Im Vordergrund stand für ihn etwas anderes: Machterhalt. Dazu war er bereit, fast jeden Preis zu zahlen, wie er in den vergangenen Tagen demonstrierte.
Angetreten ist Werner Faymann 2008, indem er bei den damaligen Nationalratswahlen aus der Not eine Tugend gemacht hat: Angesichts der verkrachten Koalition plakatierte er als Kanzlerkandidat den Slogan „Genug gestritten“. Das konnte zwar nicht verhindern, dass die SPÖ immerhin sechs Prozentpunkte verlor; für Platz eins reichten die 29,3 Prozent aber aus. Und damit hatte Faymann erreicht, was er wollte.
Als wäre ihm dies genug, konzentrierte er sich forthin nur noch darauf, Regierungschef zu bleiben. Zunächst einmal ließ er einen ÖVP-Obmann nach dem anderen auflaufen: Josef Pröll startete mit großen Ambitionen, konnte aber nichts durchsetzen. Michael Spindelegger ging es ähnlich. Und Reinhold Mitterlehner hätte wohl auch dieses Schicksal ereilt, wäre Faymann nicht selbst zurückgetreten.
Was der Politiker Faymann für Österreich wollte, ist schwer zu beantworten: In seiner Abschiedsrede äußerte er sich stolz darüber, dass die Republik die Schuldenkrise „ohne Sparpakete“ bewältigt habe. Das ist tatsächlich der Fall gewesen. Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist die Staatsverschuldung aber auch um mehr als 15 Prozentpunkte auf knapp 85 Prozent gestiegen. Und dieses Problem ist ungelöst. Auch weitere Pensions- und Verwaltungsreformen lassen auf sich warten, genauso wie die nach wie vor offene Bildungsreform. Die Arbeitslosigkeit steigt von Monat zu Monat von einer „Rekordmarke“ zur nächsten. Der Reformstau ist also beträchtlich.
Erst im Sommer 2015 schien Faymann eine Rolle gefunden zu haben: In der Flüchtlingspolitik warb er für einen „menschlichen Kurs“ und bildete eine Allianz mit seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel. Vor wenigen Monaten jedoch wechselte er die Seiten und propagierte einen restriktiven Kurs. Ergebnis: eine SPÖ-interne Debatte über das Verhältnis zur FPÖ, die zur Demontage Faymanns beigetragen hat.
Bei einem einzigen Thema hat der Wiener in all den Jahren Linie gehalten: Wiederbetätigung, Antisemitismus duldete er nicht. Dazu äußerte er sich immer klar und deutlich, wie erst am Sonntag auf einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus am 8. Mai 1945.
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