Ganz Europa blickt auf Österreich

Großes Medieninteresse: Italien äußert Sorge über Rechtsruck. Wilders gratuliert Hofer.
Wien. Selten wurde eine österreichische Wahl international so beachtet, wie das Rennen zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen um die Hofburg. Rund 70 Kamerateams warteten am Sonntag letztlich vergeblich auf eine Entscheidung am Abend. Bereits nachdem Hofer den ersten Wahlgang deutlich für sich entscheiden konnte, haben sich deutsche Satiresendungen mit dem Ergebnis befasst. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte umgehend vor einem Sieg des Freiheitlichen in der Stichwahl gewarnt.
Letzteres kann Ex-EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP) durchaus nachvollziehen: „Die Europäische Union will natürlich jemanden an der Staatsspitze sehen, der ohne Wenn und Aber zur EU steht. Da sind bei Hofer Fragen offen geblieben. Es besteht ein Risiko, dass Österreich in der EU wieder mehr an den politischen Rand rücken wird.“ Ganz anders sieht das Andreas Mölzer. Bis 2014 war er für die FPÖ im Europaparlament als Abgeordneter vertreten. Auch in anderen Ländern werde es zu solchen Duellen kommen. Die EU müsse daher beginnen, patriotische Parteien ernst zu nehmen.
Ein Vertreter der Rechtspopulisten hat Hofer bereits am Sonntag gratuliert. Der niederländische Politiker Geert Wilders twitterte: „Sehr gut gemacht Norbert Hofer – FPÖ“, und fügte mit dem Post eines Wahlplakats hinzu: „Hoffentlich Präsident morgen.“ Ganz anders sieht das die Präsidentin der italienischen Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini. Sie brachte ihre Skepsis über einen Rechtsruck in Österreich zum Ausdruck: „Wir sind wegen des Ergebnisses besorgt. Wir hoffen, dass bei den Österreichern die Vernunft überwiegen wird.“ Der frühere grüne EU-Parlamentarier Johannes Voggenhuber hört bereits die Alarmglocken schrillen. Die österreichischen Medien hätten die FPÖ verharmlost und nicht den wirklichen Wahlkampf zwischen Demokratie und Rechtsextremismus dargestellt, sagte er den Bundesländerzeitungen und der „Presse“. Mölzer hielt dem naturgemäß entgegen. Die Zuspitzung vom „Kampf gegen die extreme Rechte“ sei unfair.
EU-weites Phänomen
Dass Parteien im rechten Spektrum weiter an Stimmen gewinnen, ist kein österreichisches Phänomen. Auch in anderen EU-Ländern erreichen sie vermehrte Zustimmung. So regiert in Ungarn seit 2010 die nationalkonservative Fidesz. Auch in Polen ist eine rechtspopulistische Partei an der Macht. Die
französische Politikerin Marine Le Pen hat bei der Präsidentenwahl 2017 gute Chancen, in die Stichwahl zu kommen.
Der Aufstieg der Rechtspopulisten wird von politischen Beobachtern vorwiegend mit dem Unmut an der etablierten Politik und den Herausforderungen wie der Flüchtlingsbewegung begründet.
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.