Waffenhype in den USA trotz zahlloser Opfer

300 Millionen Schusswaffen in privater Hand. Mindestens 30.000 Tote pro Jahr.
ORLANDO, WASHINGTON. (VN-hrj) Bei einer Schießerei in Kansas wurden vier Menschen getötet und 30 verletzt, als ein Angestellter eines Rasenmäherherstellers in seiner Firma um sich geschossen hatte. In Richmond, Virginia, wurden bei einem Schusswechsel an einer Bushaltestelle der Schütze und ein Polizist getötet. In Washington hat sich ein Mann bei einem Selfie versehentlich selbst eine Kugel in den Kopf gejagt. In Florida hat ein Vierjähriger während einer Autofahrt seiner als Waffennärrin bekannten Mutter in den Rücken geschossen. Nur Stunden nach dem Besuch eines Basketballspiels zu Ehren seines jüngst erschossenen Cousins ist ein Zwölfjähriger in Tennessee selbst Opfer von Waffengewalt worden. Und jetzt der Anschlag in Orlando, bei dem ein Mann 50 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt hat.
Das sind nur einige bislang bekannte Fälle von Schusswaffengewalt in den USA in diesem Jahr. Jährlich sterben dort mehr als 30.000 Menschen durch Schusswaffen, darunter sind mehr als 11.000 Morde.
Eine Waffe pro Einwohner
In keinem anderen Land der Welt befinden sich mehr Schusswaffen in Privathand als in den USA. Schätzungen zufolge sollen mehr als 300 Millionen Feuerwaffen in Privatbesitz sein. Das entspricht statistisch fast einer Waffe pro US-Einwohner.
Die US-Verfassung gibt den Bürgern grundsätzlich das Recht, Feuerwaffen zu besitzen und auch zu tragen. In der Folge produzierten die Waffenschmieden des Landes zum Beispiel im Jahr 2014 rund 3,6 Millionen Pistolen, rund 744.000 Revolver sowie mehr als 3,3 Millionen Gewehre. Lizenzierte Waffenhändler gibt es in den USA rund 140.000.
Das Analysehaus IbisWorld schätzt, dass die Erlöse der Hersteller von Handfeuerwaffen und Munition in den USA seit 2011 mit Jahresraten von 6,4 Prozent auf einen Jahresumsatz von 16 Milliarden Dollar gewachsen sind. Der Waffenhype ist so groß, dass sich Spezialanbieter den Vorlieben der Käufer widmen.
Ungeachtet der vielen Schusswaffenopfer gibt es in der US-Politik keine Mehrheit für eine Reform des Waffenrechts. Selbst als im Dezember 2012 20 Kinder von einem Amokläufer in einer Grundschule in Newtown im Bundesstaat Connecticut ermordet wurden, scheiterten wenige Monaten später im Senat Versuche, Hintergrund-Checks auszuweiten und Sturmgewehre sowie andere halbautomatische Waffen zu verbieten.
Bunte Waffen für Kinder
Die Republikaner lehnen weiter schärfere Waffengesetze strikt ab. Auch eine beachtliche Zahl demokratischer Kongressabgeordneter sieht eine Reform des Waffenrechts skeptisch. Die finanzkräftige Lobbygruppe National Rifle Association (NRA) übt weiter großen politischen Einfluss aus. Auch Präsident Barack Obamas Versuch, im Alleingang schärfere Gesetze durchzubringen, um Waffenbesitz besser abzusichern und vor allem Kinder zu schützen, ist gescheitert. Dafür setzt, laut dem Violence Policy Centre, die US-Waffenindustrie nun mit der Herstellung von bunten Revolvern und Gewehren verstärkt auf Kinder als Zielgruppe.
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