Gerold Riedmann

Kommentar

Gerold Riedmann

Bregenzer Atempause, Vorarlberger Chancen

Spezial / 13.01.2017 • 19:55 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Der nunmehrigen Entscheidung ist Respekt zu zollen. Sie ist ehrlich. Der Bevölkerung vorzuspielen, ein Projekt vorantreiben zu wollen, von dem man weiß, dass es nur mit massiven Abänderungen überhaupt umsetzbar sein würde, wäre das pure Gegenteil.

Es sei kein „Zurück zum Anfang“, es ist ein Projektstopp. Das war Prisma-Vorstand Bernhard Ölz wichtig. Einen Unterschied macht der Name der Pause freilich nicht. Die Hauptbotschaft: So, wie das Areal geplant war, war das Projekt privatwirtschaftlich nicht auf den Boden zu bekommen. Aufmerksame Beobachter wussten, dass der Parkplatz Jahr für Jahr eine schöne Rendite abwirft, die geplante Seestadt bei so hohen Baukosten nicht finanzierbar ist. Seit vergangenem Sommer muss das auch den Betreibern klar gewesen sein. Die heftige Architektenkritik hat den Beteiligten die Entscheidung erleichtert.

Für Bregenz ist das Seestadt-Aus eine Atempause. Wieder einmal eine neue Chance für eine neue Seestadt. Grundanständig ist auch, dass das gut veräußerbare Grundstück (in einigen Tagen mit einer Baugenehmigung versehen) eben nicht verkauft wird. Damit kann zukünftig Neues entstehen, nachdem wir uns in Vorarlberg darüber klar geworden sind, was uns wichtig ist, wohin wir wollen – und vor allem: wie wirtschaftsfreundlich die Stimmungslage ist.

Ortswechsel: Bernhard Ölz’ Namensvetter, seines Zeichens Meisterbäcker, hat es dieser Tage in Weiler nicht einfach. Die Anrainerposition ist aus Anrainersicht selbst nachvollziehbar: „Nicht vor unserer Haustür.“ Der Gemeindevertretung von Weiler ist jedoch vorzuwerfen, dass ein Mischgebiet aus Bauplätzen und Industriebetrieben von Anfang an eine äußerst üble Idee war.

Weiler, Bregenz: Ganz Vorarlberg ist deshalb erfolgreich, weil die innovativen Unternehmer und ihre Mitarbeiter Hand in Hand Wohlstand erwirtschaftet haben. Unsere Genauigkeit und Arbeitsmoral sind legendär. Sich jetzt auf Vergangenem auszuruhen und die Zukunft zu verhindern, wäre fatal. Vorarlberg lebt von einer positiven Grundeinstellung zur Wirtschaft.

Es tut Vorarlberg ein Stück weit gut, jetzt über Grundsätzliches wie die Landesgrünzone oder das stärkere Zusammenwachsen der Rheintalgemeinden zu diskutieren. Nach konstruktiver Diskussionsphase braucht es dann aber auch Zielstrebigkeit und Umsetzungsstärke, gerade von der Politik. Da ist Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdissers Aussage von dieser Woche hervorzuheben: Er wolle sich nicht vorwerfen lassen, dass traditionelle Vorarlberger Familienunternehmen keine Möglichkeit in unserem Land hätten, Arbeitsplätze zu schaffen. Rüdisser war klar wie nie zuvor.

Zu Recht, denn es geht um viel.

Sich jetzt auf Vergangenem auszuruhen und die Zukunft zu verhindern, wäre fatal.

gerold.riedmann@vn.at, Twitter: @geroldriedmann, Tel. 05572/501-320

Gerold Riedmann ist Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten.

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