“Es gibt keine Alternative, es ist der Stopp für die Seestadt”

Spezial / 13.01.2017 • 19:55 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Marcus Wild (SES), Bernhard Ölz (Prisma) und Guntram Drexel (JDL Leasing) verkündeten das Aus (v. l.).
Marcus Wild (SES), Bernhard Ölz (Prisma) und Guntram Drexel (JDL Leasing) verkündeten das Aus (v. l.).

Seit Freitag ist es definitiv: Das Jahrhundertprojekt Seestadt Bregenz ist abgesagt.

Bregenz. Die Initiative von Architekten (seeundstadtundbregenz), die einen Baustopp für die Seestadt forderten, war wohl der letzte Kick für die Betreiber des 140-Millionen-Euro-Projekts Seestadt, um die Notbremse zu ziehen. „Ausschlaggebend war die Kritik aber nicht“, sagte Prisma-Chef Bernhard Ölz am Freitagmorgen.

Keine Zukunft für Seestadt

Bei einer eilends einberufenen Pressekonferenz mit dem Thema „Die Zukunft der Seestadt Bregenz“, in der Bregenzer Hypo-Zentrale verkündete dann Ölz, flankiert von den Mitgesellschaftern und Mitplanern Marcus Wild, CEO der SES Spar European Shopping Center, und Guntram Drexel, Geschäftsführer der JDL Leasinggesellschaft, was einerseits seit Monaten in der Branche für Getuschel sorgte und andererseits doch überraschend kam: „Es gibt einen Stopp der Seestadt.“

Die Gesellschafter seien nach zahlreichen Sitzungen in den vergangenen Monaten schlussendlich am Donnerstagabend übereingekommen, die Reißleine zu ziehen. „Das Projekt rechnet sich nicht“, es sei wirtschaftlich nicht darstellbar, „das kann nicht verantwortet werden“, so der Prisma-Chef. Man sei von 100 Millionen ausgegangen, jetzt sei man bei über 140 Millionen und „es gibt weitere Unsicherheiten“ wegen des schwierigen Untergrunds. Alleine in die Planung flossen bislang sechs Millionen Euro.

Ernüchterung sei nach den ersten Ausschreibungen eingetreten, denn die Kosten seien deutlich höher gewesen, als im Vorfeld geschätzt. Vor allem die Tiefgarage mit 570 Plätzen würde Unsummen verschlingen. Derzeit würde ein einziger Parkplatz 80.000 Euro kosten, in der Hafengarage kostete die ein Platz 35.000 Euro. Die Garage baue man nicht nur für die geplante Seestadt, sondern für Bregenz und das alles auf einem schwierigen Untergrund. „Auch die Beteiligung bei den Kosten für die Seespange belastet das Budget.“

Von einer verpassten Chance für den Handelsstandort Bregenz spricht Marcus Wild, dessen SES Einkaufszentren in sieben Ländern betreibt. „Wir werden erleben, wie andere in der Region ausbauen und Kunden abziehen“, ist er sich sicher und nennt Projekte in Memmingen, Singen und Lindau als künftige Gewinner im Wettstreit um die Konsumenten. „Bregenz ist österreichweit das Schlusslicht, was den Einzelhandel betrifft“, so Wild, das werde sich nun nicht ändern. Die 500 geplanten Arbeitsplätze seien natürlich auch weg. Der Shopping-Center-Profi spricht allerdings auch Lob aus. Er habe noch nie einen so vorbildlichen Entwicklungsprozess miterlebt. Die Kritik, die in den letzten Monaten aufflammte, sei für ihn deshalb völlig unverständlich. Die Flächen seien übrigens bereits zu 80 Prozent vermietet gewesen.

„Es wäre die Möglichkeit für Bregenz gewesen, in einer anderen Liga mitzuspielen“, verabschiedet sich Guntram Drexel vom Projekt. Die Entscheidung habe Auswirkungen auf den gesamten Standort, betont Drexel und bedankt sich bei den Behörden und Fachleuten, denn die haben sehr professionell gearbeitet. Das Grundstück wird nicht veräußert, es gibt derzeit auch keine neuen Pläne. Was es weiterhin gibt, ist ein Parkplatz. Bis neue Projekte reifen, könnten wieder Jahrzehnte vergehen.

Die Seestadt wäre die Möglichkeit für Bregenz gewesen, in einer anderen Liga mitzuspielen.

Guntram Drexel, JDL
Es hat sich abgezeichnet, dass etwas in diese Richtung geschieht. Die Stadt sollte aber nach vorne schauen und die Stärken der Landeshauptstadt fördern und herausstreichen, etwa durch eine aktive Quartierentwicklung oder indem der öffentliche Raum noch attraktiver für die Bregenzer und Gäste gemacht wird.  
               Clemens Sagmeister, WIGEM Bregenz

Es hat sich abgezeichnet, dass etwas in diese Richtung geschieht. Die Stadt sollte aber nach vorne schauen und die Stärken der Landeshauptstadt fördern und herausstreichen, etwa durch eine aktive Quartierentwicklung oder indem der öffentliche Raum noch attraktiver für die Bregenzer und Gäste gemacht wird.

Clemens Sagmeister, WIGEM Bregenz

Wir haben großen Respekt vor allen Beteiligten für diesen mutigen und sicher nicht einfachen Schritt. Damit entsteht die Möglichkeit einer Nachdenkpause mit der Chance, die Situation gesamthaft neu zu denken. Der Prozess der letzten Jahre hat viele Erkenntnise gebracht und war sicher nicht umsonst.  
               Andreas Cukrowicz, Initiative Seeundstadtundbregenz

Wir haben großen Respekt vor allen Beteiligten für diesen mutigen und sicher nicht einfachen Schritt. Damit entsteht die Möglichkeit einer Nachdenkpause mit der Chance, die Situation gesamthaft neu zu denken. Der Prozess der letzten Jahre hat viele Erkenntnise gebracht und war sicher nicht umsonst.

Andreas Cukrowicz, Initiative Seeundstadtundbregenz

Das war ein richtiger, aber für die Betreiber sicher nicht einfacher Schritt, für den ich höchsten Respekt habe. Es war eine lange Lernphase für alle Beteiligten, doch nun ist klar, was man an diesem Standort machen kann und was nicht. Bei neuen Überlegungen für die Seestadt sollte man die Chance des öffentlichen Verkehrs intensiv nutzen.  
               Hermann Kaufmann, Architekt

Das war ein richtiger, aber für die Betreiber sicher nicht einfacher Schritt, für den ich höchsten Respekt habe. Es war eine lange Lernphase für alle Beteiligten, doch nun ist klar, was man an diesem Standort machen kann und was nicht. Bei neuen Überlegungen für die Seestadt sollte man die Chance des öffentlichen Verkehrs intensiv nutzen.

Hermann Kaufmann, Architekt

Es ist schade, dass das Projekt Seestadt gestoppt wurde. Der Projektstopp der Seestadt betrifft unser Projekt Seequartier direkt, hat aber keine Auswirkung auf dessen Realisierung. Nun gilt es für uns, so schnell wie möglich die neue Situation zu erörtern und die Projektplanung des Seequartiers zu adaptieren.  
               Hubert Rhomberg, Projekt Seequartier

Es ist schade, dass das Projekt Seestadt gestoppt wurde. Der Projektstopp der Seestadt betrifft unser Projekt Seequartier direkt, hat aber keine Auswirkung auf dessen Realisierung. Nun gilt es für uns, so schnell wie möglich die neue Situation zu erörtern und die Projektplanung des Seequartiers zu adaptieren.

Hubert Rhomberg, Projekt Seequartier

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