Kurz bringt ÖVP zurück an die Spitze
Machtwechsel: ÖVP mit Kurz stärkste Kraft. Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPÖ und FPÖ um Platz zwei.
Wien Frenetischer Jubel bricht aus, als Sebastian Kurz gestern nach den ersten Hochrechnungen vor seine Anhänger tritt. „Wir sind alle ganz überwältigt von dem Ergebnis“, strahlte der Wahlsieger. Der Machtwechsel ist perfekt, die ÖVP ist seit gestern wieder stärkste Kraft im Land. Zuletzt war das 2002 der Fall. Damals hatte Wolfang Schüssel der SPÖ den ersten Platz abgenommen. Danach gab es eine Serie von Wahlniederlagen. Umso ausgelassener wird jetzt gefeiert. Die ÖVP mit dem erst 31-jährigen Spitzenkandidaten ist nach ihrem historischen Tiefststand von 2013 mit 24 Prozent kräftig erstarkt. Nach vorläufigem Endergebnis inklusive einer Prognose der Wahlkarten kommt die Volkspartei auf 31,6 Prozent, ein Plus von 7,6 Prozent zur letzten Nationalratswahl. Sebastian Kurz dürfte damit wohl der mit Abstand jüngste Bundeskanzler werden, den Österreich je hatte.
Um Platz zwei gibt es auch nach dem vorläufigen Endergebnis ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die noch rund 750.000 auszuzählenden Wahlkarten dürften, so Hochrechnungen, die SPÖ auf den zweiten Platz bringen. Demnach, so die Prognose, kommen die Sozialdemokraten auf 26,9 Prozent (plus 0,1 zum Jahr 2013). „Natürlich ist das Ergebnis nicht das, was ich erhofft habe, denn Österreich hat jetzt eine rechtspopulistische Mehrheit“, konstatierte SPÖ-Chef Christian Kern im Wahlstudio der VN und der Bundesländerzeitungen in der Wiener Hofburg.
FPÖ auf Erfolgswelle
Der zweite Wahlsieger am gestrigen Abend heißt Heinz-Christian Strache mit seiner FPÖ. Die Freiheitlichen legten deutlich um 5,5 auf 26 Prozent zu und könnten damit auch den Sprung in die Regierung schaffen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte bereits an, VP-Chef Kurz als „deutlichen Wahlsieger“ mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Kurz zeigte in einer ersten Reaktion keinerlei Präferenz für einen der beiden potenziellen Koalitionspartner. Er werde mit allen Parteien Gespräche führen.
Debakel für die Grünen
Freud und Leid waren gestern eng beisammen. Neben türkisem und blauem Jubel gab es bei den Grünen lange Gesichter. Nach ihrem Rekordergebnis von 12,4 Prozent vor vier Jahren stürzte die Partei von Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek diesmal in der Gunst der Wähler ab. Sie kommen laut Hochrechnung nur noch auf 3,9 Prozent und hätten damit den Wiedereinzug ins Parlament verpasst. „Es ist schade, dass es zu der Abspaltung mit Peter Pilz gekommen ist, gemeinsam hätten wir viel mehr erreichen können“, so die grüne Frontfrau, die von einer bitteren Niederlage und schweren Enttäuschung sprach.
Dass die Grünen nach 31 Jahren aus dem Nationalrat zu fliegen drohen, bedauert Pilz nach eigenem Bekunden. Er selbst kommt mit seiner Bewegung auf 4,3 Prozent und ist damit im Nationalrat vertreten. Dort bleiben auch die Neos. Die liberale Partei mit Spitzenkandidat Matthias Strolz dürfte sich leicht von 5 auf 5,1 Prozent steigern können. Das endgültige Wahlergebnis, das am Donnerstag vorliegen soll, wird darüber Aufschluss geben.