Doch nicht arschknapp
Arschknapp. Mit diesem geflügelten Wort hat Van der Bellen einst den knappen Einzug der Grünen in den Nationalrat bezeichnet. Als erste Ergebnisse aus Kärnten eintrudelten, hätte es wirklich arschknapp werden können. Dass es doch ein klares Ergebnis geworden ist, zeigt, dass das Wahlvolk der Erfahrung in unsicheren Zeiten den Vorzug gegenüber den oft wirr daherkommenden übrigen Kandidaten gegeben hat, die meist nicht einmal über die Befugnisse des Präsidenten Bescheid wussten. EU-Austritt oder Entlassung der Regierung so mir nix waren keine mehrheitsfähigen Themen.
Warum es für VdB nicht mehr geworden ist, liegt in der eigentlichen Überraschung, nämlich dem Ergebnis von Dominik Wlazny. Hier der amtierende Präsident als Kandidat des Establishments, der bei seiner Angelobung 79 Jahre alt sein wird. Dort ein Kandidat ohne Apparat, jung, mit dem Trumpf-Ass „unabhängig“, im TV durchaus erfrischend.
Bei den unter 30-Jährigen hätte Wlazny 20 Prozent geschafft, in Wien matcht er sich mit dem FP-Kandidaten um den zweiten Platz. Sogar in Vorarlberg hat der bis dato unbekannte Wiener Arzt, ohne großes Programm, 8,7 Prozent geschafft.
Van der Bellen verdankt seinen Sieg den über 60-Jährigen. Aber, hallo? Klingelt es bei den etablierten Parteien? Sie sollten ihr politisches Personal dringend erneuern: Mehr junge, unverbrauchte Kandidaten und -innen (!), auch parteilose. Gefragt sind ein deutlicher Generationen- und Strategiewechsel. Vielleicht auch ein anderer Umgang mit öffentlichem Geld.