Mit Pflichtsieg statt Kür in eine zweite Amtszeit

Beim Amtsinhaber war die Erleichterung deutlich zu spüren.
Wien Gegen 19 Uhr kam der amtierende und künftige Bundespräsident in das Medienzentrum im Regierungsviertel von Wien und rauchte erst einmal eine Zigarette am Balkon. Es war wohl auch eine erleichterte Rauchpause. Mehr als 53 Prozent hat es gebraucht, geworden sind es laut letzten Hochrechnungen 56 Prozent: Damit erreicht Alexander Van der Bellen keinen glänzenden Sieg, aber es bleibt ihm eine Stichwahl erspart. Seine Herausforderer ließ er klar hinter sich.
Das war nicht immer klar im Laufe des Wahlkampfs. Van der Bellen selbst erinnerte daran, dass sein Sieg keine „gmahte Wiesn“ sein wird. Immerhin war der Wahlzettel mit insgesamt sieben Kandidaten so lang wie nie. Zu verdanken hat der ehemalige Grünen-Chef das unter anderem den Wienerinnen und Wienern, dort kam er auf mehr als 60 Prozent der Stimmen. Auch in den drei westlichen Bundesländern reüssierte er überdurchschnittlich. Die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger sprachen ihm zu knapp 60 Prozent ihr Vertrauen aus. Den ersten Wahlgang 2016 hatte Van der Bellen in Vorarlberg noch gegen den damaligen FPÖ-Politiker Norbert Hofer verloren, allerdings knapp – nämlich um rund 1500 Stimmen.
Einigkeit Europas
Zu „Thunderstruck“ von ACDC und „Don‘t stop me now“ von Queen zog Van der Bellen schließlich gegen 22 Uhr bei der Wahlfeier der Grünen ein. „Danke allen Wählern. Und danke, dass wir nicht noch eine Stichwahl finanzieren müssen“, sagte er. Dezidiert bedankte sich Van der Bellen bei den Neos und bei der SPÖ Wien. Auch die ÖVP in Vorarlberg und Tirol sei „von Anfang an auf unserer Seite“ gestanden. Es sei zudem ein Sieg für Europa und für die Einigkeit gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nun gelte es, sich ohne Verzögerung wichtigen Themen zu widmen, so Van der Bellen am Sonntagabend. Da er auch für eine Amtsführung gewählt wurde, werde er nicht allzu viel ändern.
Es zeichnet sich eine zweite Amtszeit ab, die nicht weniger turbulent wird als seine erste mit Ibiza-Skandal, mehr als 160 Angelobungen, Pandemie und russischem Angriffskrieg auf die Ukraine. Bei seiner Angelobung am 26. Jänner wird Van der Bellen gerade seinen 79. Geburtstag gefeiert haben. Damit wird er der älteste Amtsinhaber seit Einführung der Direktwahl 1951 sein. Im ORF-Interview vor der Wahl versicherte er, falls er sich nicht mehr fit genug fühlt, ehrlich mit sich selbst zu sein: „Dann werde ich sagen: ‚Oida, es reicht.‘“