„Das Feuer in mir ist noch nicht erloschen“

Mentale Aufarbeitung des Achillessehnenrisses ist für Elisa Hämmerle die große Herausforderung
Dornbirn. (VN-cha) „Jeder muss den eigenen Weg finden“, „Es fühlt sich an wie ein gefüllter Rucksack“ oder „Mit klugen Ratschlägen kann ich nicht viel anfangen“ – aus Elisa Hämmerle spricht die totale Enttäuschung über die verpasste Chance, bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro an den Start gehen zu können. Denn 20 Tage nach dem verhängnisvollen Moment im Rahmen des Podiumstrainings beim Qualifikations-Wettkampf in der Olympiastadt kann sie zwar darüber reden, doch die Emotionen spielen mit. „Jeden Tag, wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich den Gipsfuß und dann läuft der Film im Kopf noch einmal ab.“
Operation gut verlaufen
Derzeit, so die 20-jährige Lustenauerin, seien es immer wieder die Tränen, die mehr schmerzen als die operierte Achillessehne. Erst wenn diese trocken sind, dann werde sie auch über ihre Zukunft sportlicher Natur nachdenken. „Mit 20 Jahren bin ich ja noch nicht so alt“, meint sie dann mit einem Anflug von einem Lächeln.
Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Olympia-Aus wird Österreichs beste Kunstturnerin von Frauen-Nationaltrainer Laurens Van der Hout und den Olympiazentrum-Mitarbeitern Dr. Marc Sohm (Sportmediziner) und Manuel Hofer (Physiotherapeut) unterstützt. Seitens der ärztlichen Abteilung hat Hämmerle neben einer Achillessehnenruptur noch einen Abriss des Innenbandes, dem sogenannten Deltaband, erlitten. „Das passiert bei einem extremen Druck“, so Sohm.
Alles lief programmgemäß
In Rio war eigentlich alles angerichtet für Hämmerle, wie auch Hofer bestätigt. „Elisa war in einer Topverfassung.“ Und Österreichs Nationaltrainer ergänzt: „Für Elisa waren die Spiele allein nicht das Ziel, sie wollte das Finale der 24 besten Turnerinnen erreichen. Das wäre möglich gewesen, ist sich Van der Hout sicher. Seit 2012 lief das „Projekt Rio“ des Niederländers. Nur im Maturajahr 2015 wurde ein wenig gebremst, zuletzt belief sich das Wochentraining auf rund 30 Stunden. „Elisa war einfach nicht zu schlagen“, meint er rückblickend in Bezug auf die angestrebte Olympia-Qualifikation.
Die Zeit wird die Wunden heilen
Die Angesprochene selbst aber befindet sich momentan noch in einem mentalen Loch. Sie fühlt sich ähnlich wie in Rio, als „ich beim Salto das Gefühl hatte, in einem Spalt abzuspringen“. Hämmerle landete das Element mit dem inneren Gespür, dass eine schlimme Verletzung passiert sein musste. Dabei, so erinnert sie sich, habe sie am 6. April, am Tag des Abfluges, den Sportservice mit der Gewissheit verlassen, alles für den Traum Olympia getan zu haben. „Ich sagte mir: Ich bin top vorbereitet, und wenn ich die Rampe wieder hochgehe, wird das Leben anders ausschauen . . . Jetzt sieht es wirklich anders aus, aber nicht so, wie ich wollte.“
Bezüglich ihrer Zukunft will sich die Turnerin nicht festlegen. Ein nächter Fixpunkt für sie ist die Aufnahmeprüfung für das Medizinstudium am 8. Juli, ab Oktober will sie dann in Innsbruck studieren. „Was dann kommt, wird man sehen.“ Und sportlich? Irgendwie, so sagt sie, könne es dies nicht gewesen sein. „In mir ist das Gefühl, dass ich die Übung von Rio noch gerne einmal fertig turnen würde. Zwar brennt für mich das olympische Feuer nicht in Rio, aber erloschen ist es in mir noch nicht.“
Noch während sie diese Worte ausspricht, ist er wieder da und spürbar, der sportliche Ehrgeiz, der sie seit 17 Jahren begleitet und in die europäische Turn-Elite hatte aufsteigen lassen. In vier Jahren sind ja wieder Olympische Sommerspiele – und es wäre für die Vorarlbergerin die nächste Chance, um zu sagen: „Ich habe es geschafft.“
Ich habe sofort gewusst, dass ich auf dem Boden im Sommer nicht mehr turnen werde.
Elisa Hämmerle
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