Präsident krempelt Skiverband um

Sepp Brunner neuer Abfahrtschef. Schröcksnadel fordert mehr Eigenverantwortung.
Innsbruck. Der Österreichische Skiverband (ÖSV) hat auf die Mankos der vergangenen Saisonen reagiert und krempelt die Trainingsstruktur im Alpinbereich radikal um. Künftig wird verstärkt in
kleineren Gruppen trainiert, um die Läufer und Läuferinnen noch individueller betreuen zu können. Prominentester Trainer-Neuzugang ist Sepp Brunner als Abfahrtschef der Herren statt Florian Winkler.
Österreich ist zwar seit Jahrzehnten Alpinski-Nation Nummer eins, abseits der Erfolge des sechsfachen Weltcup-Gesamtsiegers Marcel Hirscher haben sich zuletzt aber auch viele Baustellen eingeschlichen. Etwa die Herren-Abfahrt, und bei den Damen ging im vergangenen Winter erstmals seit Langem die Nationenwertung verloren. Gründe wie Verletzungen und Rücktritte sind Verbandspräsident Peter Schröcksnadel (74) zu wenig. Vielmehr verwies er auf die zunehmenden Erfolge von kleineren Nationen oder individuell trainierenden Konkurrenten.
Darauf hat nun auch der große ÖSV reagiert. Die Zahl der betreuten Läufer wurde ebenso aufgestockt wie jene der Coaches und Trainings-Gruppen. Künftig werden im ÖSV also in 18, deutlich kleineren, Gruppen vom Weltcup bis zum Nachwuchs 108 Aktive von 68 Trainern und Betreuern trainiert. Im Weltcupbereich lautet das Verhältnis künftig 80 zu 60. Dazu kommen 28 Verbandsserviceleute aus dem Bereich von Toni Giger. „Damit nutzen wir die Stärken eines großen Verbandes, trainieren aber trotzdem sehr individuell“, strich ÖSV-Sportdirektor Hans Pum bei der Präsentation in Innsbruck heraus. Mehr als eine Million Euro nimmt der Verband für die Neuausrichtung in die Hand.
„Es gibt keine Ausreden mehr“
Schröcksnadel machte kein Hehl daraus, dass er sich davon auch viel erwartet. „Wir haben reagiert und stellen diese neue Struktur zur Verfügung. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr“, stellte der seit 1990 als ÖSV-Präsident fungierende seinen Aktiven die Rute ins Fenster. „Es gilt das Leistungsprinzip. Schauen wir mal, wie fleißig sie sind. Wenn sie nicht gut fahren, ist eine Kostenbeteiligung denkbar.“
Die Vorteile der kleineren Gruppen lägen auf der Hand, ist Schröcksnadel überzeugt. „Läuft es bei einem Fahrer nicht, kann er individuell trainieren, bis das Problem behoben ist.“ Dazu komme mehr Transparenz. „Fehlentwicklungen sind künftig schneller erkennbar, Trainer können zudem nun wieder echte Bezugspersonen werden.“ Jede Gruppe ist künftig für sich selbst verantwortlich. Damit stehen auch die Gruppen- und Spartentrainer noch mehr in der Eigenverantwortung.
Schröcksnadel war zuletzt mit den Einstellungen einiger Läufer und Trainer nicht mehr zufrieden gewesen. Aufholbedarf besteht seit Längerem im Herren-Abfahrtsbereich, wo es im jüngsten WM-Winter nur zwei Siege gab. Während Andreas Puelacher (Herren) und Jürgen Kriechbaum (Damen) Rennsportleiter bleiben, ist der Steirer Josef „Sepp“ Brunner deshalb nun neuer Abfahrts-Cheftrainer.
Der 58-jährige Steirer war nach 20 höchst erfolgreichen Jahren im Schweizer Verband beim Weltcupfinale in Aspen etwas unerwartet joblos geworden, nachdem er sich zuvor kritisch über Swiss Ski geäußert hatte. Vom „Schlag ins Gesicht“ (Brunner) profitierte der ÖSV. „Wir wollten ihn schon lange, werben aber niemanden ab. Das hat uns natürlich in die Hände gespielt“, sprach Schröcksnadel von einer Ideallösung. Brunner ist seit über 30 Jahren Skitrainer, in der Schweiz hat er Sonja Nef zur Riesentorlauf-Weltmeisterin (2001) gecoacht und war danach auch hauptverantwortlich für die Erfolge von Carlo Janka (Gesamt-Weltcupsieger 2009/10 und RTL-Olympiasieger 2010) oder Beat Feuz, der vor wenigen Wochen WM-Gold in St. Moritz in der Abfahrt holte.
Greber weiter im Nachwuchs
Auch Brunner soll die neuen ÖSV-Strukturen nun in Erfolge ummünzen. „Wir haben immer versucht, die Rahmenbedingungen für unsere Sportler zu optimieren“, sagte Pum. „Der Skisport hat sich aber enorm entwickelt und ist sehr komplex geworden. Wir haben hohe Ansprüche, deshalb haben wir heuer auch an größeren Schrauben gedreht und auch den Nachwuchs und damit die Basis gestärkt.“ Diesen Bereich leitet weiter der 45-jährige Mellauer Christian Greber.
Heute wird bei der Sportwartetagung in Seekirchen die neue Alpin-Struktur des ÖSV u. a. mit Namen „befüllt“. Dort wird man auch Namen wie Georg Streitberger (Nachwuchs-Coach) und Alexander Berthold (48) finden. Welche Funktion der jüngere Bruder von Mathias Berthold (51), seit 2014 Herren-Cheftrainer in Deutschland, übernimmt, ist noch vakant. Wer die Agenden des Gargelleners, über zehn Jahre beim Vorarlberger Verband (VSV) übernimmt, soll laut Sportdirektor Pepi Hirschbühl in den nächsten Wochen entschieden werden.
Es gilt das Leistungsprinzip. Wenn sie nicht gut fahren, ist eine Kostenbeteiligungen denkbar.
Peter Schröcksnadel

ÖSV-Abfahrtsteam. Foto: apa
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