Poissons Tod schockt Skiszene

Der französische Skirennläufer verunglückt beim Training in Kanada.
Nakiska Die Umstände seines Todes waren zunächst unklar, doch auch ohne diese letzte Gewissheit war die Bestürzung groß. Der französische Skirennläufer David Poisson kam bei einem Trainingssturz auf der Abfahrtsstrecke im kanadischen Nakiska ums Leben, ein tragisches Unglück, das die Szene ins Mark traf. „Das ist niederschmetternd“, twitterte US-Superstar Lindsey Vonn, selbst schon oft genug gestürzt.
Poisson (35) war kein Siegfahrer, aber er war beliebt. Vor allem aber erinnerte er seine Kollegen daran, wie gefährlich der Sport, den sie mit aller Leidenschaft betreiben, doch ist. „Das österreichische Skiteam ist zutiefst erschüttert. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei der Familie und der französischen Equipe“, teilte der Österreichische Skiverband mit. Die Schweizerin Lara Gut twitterte: „Dein Lächeln wird uns fehlen.“ Der Amerikaner Steve Nyman schrieb: „Er war ein guter Mann, ein Biest – und ein Freund.“
„Wir zahlen einen hohen Preis“
Michel Vion, früher selbst Skirennläufer, heute Präsident des französischen Verbandes, bezeichnete den Tod von Poisson als ein „Desaster“. Zugleich sagte er: „Die Abfahrt ist gefährlich und riskant, aber in den letzten Jahren haben wir realisiert, dass sie gefährlicher ist als die Formel 1. Wir zahlen einen hohen Preis.“ Todesfälle bei Weltcup-Rennen sind freilich selten geworden. Größer scheint das Risiko im Training zu sein.
Poisson war kein Star. Er bestritt 146 Rennen im Weltcup und landete dabei nur einmal auf dem Podium. Aber: Bei der WM 2013 auf der Planai in Schladming nutzte er in der Abfahrt die Gunst der Stunde und fuhr überraschend zu Bronze. In Nakiska, wo er jetzt tödlich verunglückte, bereitete sich der wegen seines kraftvollen Fahrstils Caillou („Kieselstein“) genannte auf die ersten Speed-Rennen vor, sie sollen am 25. und 26. November in Lake Louise stattfinden.
Die Franzosen trainierten in Nakiska, Schauplatz der Olympischen Winterspielen 1988, mit den Schweizern. Eine Gruppe österreichischer Athleten ist ebenfalls vor Ort und hat den Zwischenfall unmittelbar mitbekommen. Florian Raich bereitet sich mit der von ihm gecoachten Trainingsgruppe Speed 3 auf die Rennen im Olympia-Winter vor, dessen Weltcup-Auftakt in Abfahrt und Super-G Ende nächster Woche in Lake Louise und damit ebenfalls in Kanada stattfinden wird. Der „TG Speed 3“ gehört das Sextett Stefan Babinsky, Daniel Danklmaier, Niklas Köck, Christoph Krenn, Maximilian Lahnsteiner und Clemens Nocker an.
Eine offizielle Stellungnahme über den Unfallhergang lag zunächst nicht vor, es liegt jedoch nahe, dass Poisson nach seinem Sturz von der Piste und gegen einen Baum flog. Die Schweizer Zeitung „Blick“ zitierte einen Augenzeugen, der berichtete, der Franzose sei kurz vor dem Ziel bei etwa 100 km/h ausgerutscht und durch Fangnetze hindurch „in den Wald hineingeschossen“. Rund eineinhalb Stunden lang sei erfolglos versucht worden, Poisson wiederzubeleben.
Diskussion um die Sicherheit
Im Gegensatz zu den Strecken bei Weltcup-Rennen sind die zu Trainingszwecken genutzten Pisten eher unzureichend gesichert. Der US-Verband unterhält eine Strecke in Copper Mountain im Bundesstaat Colorado, wo die Vorkehrungen dem hohen Standard im Weltcup entsprechen, dort säumen u. a. sogenannte A-Netze den Kurs. In Nakiska, wo gleich neben der Piste Bäume stehen, sind es wohl nur weniger widerstandsfähige B-Netze.
Der letzte Todesfall bei einem Weltcup-Rennen war 1994 die Österreicherin Ulrike Maier bei der Abfahrt auf der Kandahar in Garmisch-Partenkirchen. Poisson ist das prominenteste Opfer seit der Französin Regina Cavagnoud, der ebenfalls ein Training zum Verhängnis wurde. Die Super-G-Weltmeisterin war im Herbst 2001 im Pitztal mit dem deutschen Trainer Markus Anwander kollidiert. Sie erlag ihren Verletzungen.
Poisson hinterlässt seine Frau und einen eineinhalb Jahre alten Sohn. Erst 15 Tage vor seinem eigenen Tod war Poissons Vater Manu gestorben.
Ski alpin
Im Skisport (Rennen, Training, Tests) tödlich verunglückt:
1959: Toni Mark (AUT) Wallberg/BRD (RTL)
1959: John Semmelinck (CAN) Garmisch (Abfahrt)
1964: Ross Milne (AUS) Innsbruck (Abfahrtstraining Patscherkofel)
1964: Walter Mussner (ITA) Cervinia (Geschwindigkeitstests)
1969: Silvia Suter (SUI) Sportinia (FIS-Abfahrt)
1970: Michel Bozon (FRA) Megeve (Weltcup-Abfahrt)
1972: David Novelle (USA) Winter Park (Abfahrt)
1975: Michel Dujon (FRA) Tignes (Skitests)
1975: Markku Vuopala (FIN) Lienz (Junioren-EM)
1979: Leonardo David (ITA) Lake Placid (Abfahrt) (erlag erst 1985 seinen Kopfverletzungen)
1991: Gernot Reinstadler (AUT) Wengen (Abfahrtstraining)
1994: Ulrike Maier (AUT) Garmisch-Partenkirchen (Abfahrt)
2001: Regine Cavagnoud (FRA) Zusammenstoß beim Training in Pitztal mit Trainer Markus Anwan- der, erliegt zwei Tage später in der Uni-Klinik von Innsbruck ihren schweren Verletzungen
2002: Werner Elmer (SUI) Verbier (FIS-Rennen)
2017: David Poisson (FRA) Nakiska/Kanada (Training)