Gold rollte unter dem Tretlager durch

Serienweltmeister Schnetzer/Bröll bei Heim-WM entthront: Silber nach 3:4 im Finale gegen Deutschland.
Dornbirn Nach Triumphen bei den letzten vier Weltmeisterschaften in Basel (2013), Brünn (2014), Johor Bahru (2015) und im Vorjahr in Stuttgart müssen Patrick Schnetzer/Markus Bröll ausgerechnet bei der Heim-WM ihren Platz auf dem Thron des Radballsports bei UCI-Championaten abtreten. Das erfolgreichste Radballduo der Gegenwart muss im Duell um Gold nach einer 3:4-Niederlage den Deutschen Cousins Gerhard und Bernd Mlady den Platz auf dem obersten Treppchen bei der Siegerehrung überlassen. Die Silberne der beiden Lokalmatadore war exakt die 21. WM-Medaille in Serie seit 1997 und 25. in der Geschichte für Vorarlberg. Für den 24-jährigen Schnetzer war es bei der achten WM-Teilnahme die achte Medaille (5/2/1), sein um sechs Jahre älterer Teamkollege aus Dornbirn hält nun bei sechs Mal Edelmetall (4/2/0).
Direkter Einzug ins Halbfinale
Bei der nach 2002 und 2008 zum dritten Mal in diesem Jahrhundert in Dornbirn ausgetragenen Weltmeisterschaft lief zunächst alles nach Plan für die Goldschürfer des RC Mazda Hagspiel Höchst. Mit Siegen über Belgien (12:4), Frankreich (7:0) Tschechien (11:3), dem 3:3 gegen Deutschland und dem 5:3 im abschließenden Gruppenspiel gegen 2016-Vizeweltmeister Schweiz holten sich Schnetzer/Bröll Rang eins in der Vorrunde, ersparten sich damit die Zwischenrunde und zogen direkt ins Halbfinale ein.
In der Vorschlussrunde kam es dann wie 2016 in Stuttgart zum Duell gegen Tschechien. Nach dem 5:1 im Vorjahr zogen die Höchster dank einer deutlichen Leistungssteigerung nach der knappen 1:0-Pausenführung so richtig los und erreichten so wie vorgenommen ohne Niederlage mit einem Torverhältnis von 45:14 das Endspiel. Im zweiten Halbfinale siegte Deutschland in einem Duell auf Augenhöhe gegen die Schweiz mit 1:0. Im Gruppenspiel zuvor hatten sich Schneider/Planzer noch klar mit 5:2 durchgesetzt.
Im Endspiel war es dann Markus Bröll, der in der mit über 3000 Fans ausverkaufen Messehalle elf mit dem 1:0-Führungstreffer für einen wunschgemäßen Auftakt aus Sicht der Serientitelträger sorgte. Dann waren die WM-Dritten von 2016 des RMC Stein (bei Nürnberg) an der Reihe und nach zwei Treffern innert 120 Sekunden wendete sich das Blatt. Dann ging es Schlag auf Schlag und nur 13 Sekunden später egalisierte abermals Bröll die deutsche Führung, ehe die Mladys wieder am Zug waren und nach einer Kombination mit 3:2 vorlegten. Wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff verhinderte Patrick Schnetzer mit einer spektakulären Parade mit dem Hinterrad bei einem Vier-Meter-Strafstoß von Gerhard Mlady einen größeren Rückstand.
Siegtor 37 Sekunden vor dem Ende
Exakt 2:15 Minuten nach Wiederanpfiff der zweiten Halbzeit war es erneut Bröll, der einen Fehler der Deutschen zum 3:3-Ausgleich nutzte. Dramatik pur dann auf dem Parkett und auf den Zuschauerrängen erreichte die Länderspielstimmung ihren Siedepunkt. Die Entscheidung dann 37 Sekunden vor Ende nach einem Eckball: Bernd Mlady lenkt die Hereingabe seines Cousins unter dem Tretlager von Goalie Schnetzer ins österreichische Tor zum 4:3 ab. Die mögliche Verlängerung verhinderte nach einem weiteren Pfostenschuss von Bröll die Torumrandung.
Enttäuschung megagroß
Während die beiden WM-Finaldebütanten nach Abpiff von ihren Fans gefeiert wurden, schmiss Schnetzer enttäuscht das Rad weg und suchte so wie Bröll Trost bei den Betreuern, Familienmitgliedern und Fans, die das Parkett säumten. „Die Enttäuschung ist natürlich megagroß. Wir haben uns uns drei Mal zurückgekämpft und mussten nach aus meiner Sicht sehr fragwürdigen SR-Entscheidung das vierte Gegentor hinnehmen. Es ist einfach bitter, wenn man bei einer Heim-WM vor so einer Kulisse im Finale steht und am Ende mit der Silbermedaille vorliebnehmen muss“, betonte Schnetzer in der ersten Enttäuschung.
Wesentlich gefasster nahm Bröll die Finalniederlage hin: „Natürlich ist es schade, wenn man nach so einem Spielverlauf und vier Lattenschüssen ausgerechnet zu Hause ein Finale verliert. Doch so ist es eben im Sport, es kann am Ende nur einen Sieger geben. In Summe hat das notwendige Quäntchen Glück gefehlt, das wir vielleicht die letzten vier Jahre hatten. Persönlich gönne ich den Mladys die Goldene – sie sind Supertypen und sie haben ihre Chance genutzt.“
Erste Chance zur Revanche besteht bereits am nächsten Samstag beim Weltcupfinale in Willich, wo Schnetzer/Bröll ebenfalls als Titelverteidiger ins Rennen gehen.
„Die Goldene ist an der Latte hängengeblieben und am Ende unter dem Tretlager durchgerollt.“



Hallenradsport
81. Weltmeisterschaft im Radball bzw. 62. im Kunstradfahren 2017 in Dornbirn
Radball, Gruppe A
Ergebnisse Österreich in der Vorrunde
Österreich – Belgien 12:4, Österreich – Frankreich 7:0, Österreich – Tschechien 11:3, Österreich – Deutschland 3:3, Österreich – Schweiz 5:3
Endstand Vorrunde Sp S R N Tore Pkte
1. Patrick Schnetzer/Markus Bröll (AUT, TV) 5 4 1 0 38:13 13
2. Roman Schneider/Dominik Planzer (SUI) 5 4 0 1 28:13 12
3. Gerhard Maldy/Bernd Mlady (GER) 5 3 1 1 20:14 10
4. Jiří Hrdlička / Jiří Hrdlička jun. (CZE) 5 2 0 3 20:31 6
5. Brecht Damen/Niels Dirikx (BEL) 5 0 1 4 13:30 1
6. Benjamin Meyer/Quentin Seyfried (FRA) 5 0 1 4 6:24 1
Zwischenrunde: Schweiz – Belgien 6:0
Deutschland – Tschechien 7:1
Halbfinale: Deutschland – Schweiz 1:0 (1:0)
Österreich – Tschechien 8:1 (1:0)
Spiel um Bronze: Schweiz – Tschechien 5:2 (2:0)
Finale: Deutschland – Österreich 4:3 (3:2)
Gruppe B, Endstand
1. Lukas Schönenberger/ Markus Schönenberger (LIE) 6 6 0 0 61: 7 18
2. Vilmos Toma/Tamas Arendas (HUN) 6 5 0 1 34:20 15
3. Akatsu Riku/Matsuda Ko (JPN) 6 4 0 2 27:23 12
4. Ho Wing Tai/Kwan Chun Hin (HKG) 6 3 0 3 21:28 9
5. Arnak Mkhitaryan/ Artak Voskanyan (ARM) 6 2 0 4 23:27 6
6. Benoit Fisch/ Patrice Lavoie (CAN) 6 1 0 5 9:42 3
7. Dahalan Mohamad Zikri/Ahmad Mohammad Kairul (MAS) 6 0 0 6 11:39 0
Auf-/Abstiegsspiel: Frankreich – Liechtenstein 6:5 (4:4) nach 4-Meter-Schießen