„Bin immer noch die Alte“

Skispringerin Eva Pinkelnig spricht über Veränderungen und ihre Hoffnung auf einen Heim-Weltcup.
Schwarzach Heute geht es für Eva Pinkelnig in den Norden. In Norwegen lockt die Raw-Air-Serie die Skisprungszene mit hohem Preisgeld, auch für die Damen. 35.000 Euro warten auf die Siegerin, was die Vorarlbergerin aber kaum berührt. Die zweifache WM-Medaillengewinnerin ist sich selbst treu geblieben und will weiter vor allem die Sprünge genießen. Und da warten einige auf die Damen: In acht Tagen fünf Weltcups in zwei Ländern. Von Norwegen nach Russland, wo das Weltcupfinale steigt.
Wie präsent sind bei Ihnen noch die Geschehnisse bei der Weltmeisterschaft in Seefeld?
Pinkelnig Sehr präsent, vor allem die Gefühle, die Atmosphäre. Erst jetzt realisiere ich von Tag zu Tag mehr, was passiert ist und was ich alles erleben durfte. Sei es die schönen zwischenmenschlichen Begegnungen, für die ich jetzt im Nachhinein viel Dankbarkeit spüre, dass ich sie erleben durfte. So richtig setzen wird sich alles in mir wohl erst im Urlaub.
Haben Sie sich auch die TV-Bilder mit all der Begeisterung noch einmal angeschaut?
Pinkelnig Nein, das habe ich bewusst nicht. Wie alle Artikel über mich, auch wenn sie meine Familie sammelt. Vielleicht lese ich sie mal nach der Saison nach. Ich möchte mir einfach ganz bewusst meine Bilder, die ich vom Erlebten im Kopf gespeichert habe, bewahren.
Auch ihre Sprünge nicht?
Pinkelnig Doch, aber die werden vom Trainerteam gefilmt. Mit Trainer Stefan Kaiser werden die Sprünge dann auch analysiert. Bei der WM war ich allerdings in so einem Flow und die Sprünge so gut, dass wir beschlossen habe: Ich soll es einfach genießen und das machen, was ich am besten kann: nämlich Skispringen.
Das klingt sehr einfach?
Pinkelnig Vielleicht, aber Stefan Kaiser hat im Sommer sehr hart mit mir gearbeitet, mit sehr viel Ruhe und Feingefühl und auch mit sehr viel Spaß. Er hat Geduld dabei bewiesen, dass ich mir den Punkt erarbeite, in der Saison loslassen und das Erlernte zeigen zu können.
Dennoch haben Sie selbst Experten überrascht. Toni Innauer meinte danach: ,Eva ist meine WM-Heldin‘. Was bedeutet es Ihnen, vom dem ehemaligen ÖSV-Sportdirektor geadelt zu werden?
Pinkelnig Sehr viel. Weil er unglaublich viel Ahnung vom Skispringen hat, viel erreicht hat. Er gehört für mich zu den Legenden in unserem Sport. Er hat ja dann auch zugegeben, dass er zu jenen gehörte, die es mir nicht mehr zugetraut haben. Deshalb verspüre ich jetzt schon ein schelmisches Grinsen in mir, dass ich damals auf mein inneres Feuer gehorcht habe und ich mir sagte: Okay, wenn ihr nicht mehr an mich glaubt, ich habe das Gefühl, es geht noch. Dazu muss ich auch sagen, dass es zwischen Toni und mir viel Respekt und Wertschätzung gibt. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Er ist dann auch am Dienstag, nach meiner ersten Medaille, extra im Hotel vorbeigekommen und hat mir gratuliert. Das hat mich sehr gefreut.
Wie schwer ist es, sich von den Emotionen zu verabschieden und in den Springer-Alltag einzutauchen?
Pinkelnig Die Emotionen nehme ich mit, die Woche in Seefeld hat defintiv einen bleibenden Eindruck hinterlassen, hat mich verändert. Allein der Gedanke daran lässt bei mir wieder Gänsehaut entstehen. Es sind Momente, die ich mal meinen Enkelkindern erzählen werde. Natürlich, es sind die Medaillen, aber was wirklich zählt sind die Werte, die werden bleiben.
Was meinen Sie konkret mit Veränderung?
Pinkelnig So eine Woche zu erleben, verändert dich definitiv. Es macht dich dankbarer, es ist auch Stolz dabei, es verändert die Gefühlslage beim Skispringen. Genau für diese Momente habe ich die letzten zwei Jahre gekämpft. All das Positive, all diese Gefühle, die ich erleben durfte, das kannte ich bisher nicht. Deshalb habe ich im Auslauf wohl auch so enthusiastisch gejubelt. Nie hätte ich es mir erträumt, dass es so genial ist, so gelöst und befreit skispringen zu können und so viele Leute mir applaudieren. Ansonsten verändert es mich natürlich nicht. Gestern etwa, beim Mittagessen im Olympiazentrum, sagte man mir: Gottseidank, du bist noch die Alte. Warum auch nicht? Ich bin noch die Eva aus Dornbirn, die jetzt in Hard wohnt, die unheimlich dankbar ist, dass sie skispringen darf.
Wie viel mehr Stress haben Sie nun?
Pinkelnig Nicht wirklich viel mehr. Es ergeben sich einfach ein paar Medientermine mehr. Aber ich nehme mir das Recht heraus, zu selektieren. Auf diesem Wege möchte ich mich bei jedem für die Glückwünsche bedanken. Ob am Handy oder in den Social Medias, ich habe alles gelesen, aber mir fehlt einfach die Zeit, um allen zu antworten. Deshalb auf diesem Wege: Danke an alle!
Jetzt wartet Norwegen mit der Raw-Air-Serie und richtig Preisgeld für die Frauen.
Pinkelnig Ich habe davon gehört, aber es interessiert mich nicht. Es geht ums Skispringen und ich bin froh, dass ich dank meiner Sponsoren ohne finanzielle Sorgen die Saison bestreiten kann.
Wie groß ist nun der Hunger nach mehr?
Pinkelnig Der Hunger nach weiten Sprüngen ist richtig groß. Die Platzierungen ergeben sich dann von selbst. Ich will einfach die Sprünge auf den Großschanzen, die jetzt auf mich warten, genießen.
Im Nordic Center in Tschagguns wäre man grundsätzlich bereit für einen Damen-Weltcup. Was würde das für Sie bedeuten?
Pinkelnig Ob Sommer-GP oder vielleicht ein Weltcup, das wäre der Wahnsinn. Die Region Montafon ist ja bekannt für richtig coole Sport-Events. Ich denke, wir hätten ein Superpublikum und für mich wäre es ein geniales Heimspiel.



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