Die Königsklasse und ein Wohnmobil

Damir Canadi soll den 1. FC Nürnberg in die deutsche Bundesliga zurückführen.
Nürnberg Der ehemalige Coach des SCR Altach schwingt seit Juni das Zepter beim siebenfachen deutschen Meister und hat auch einen großen Umbruch im Traditions-klub zu bewerkstelligen. Mit im Boot sieben weitere Österreicher.
Herr Canadi, haben Sie sich schon eingelebt in Nürnberg?
Damir Canadi Eigentlich kenne ich in Nürnberg nur mein Büro im Trainingszentrum und das Stadion. Es gibt aktuell noch so viel zu tun, was das Team betrifft. Denn kadertechnisch sind wir noch nicht dort, wo wir hinwollen.
Was bedeutet?
Canadi Dass ich aktuell gemeinsam mit Sportvorstand Robert Palikuca nach Verstärkungen suche. Das nimmt viel Zeit in Anspruch.
Wie schauen die Ziele aus?
Canadi Ich habe hier zwei Jahre Vertrag und in dieser Zeit wollen wir aufsteigen. Mit einer Mannschaft, die dann auch auf längere Sicht in der Bundesliga bestehen kann – weg vom Fahrstuhlklub. Deshalb gab es in Nürnberg nach dem Abstieg einen Umbruch im Kader, den ich auch befürwortet habe. Derzeit stehen wir mit einem sehr jungen Kader da.
Beim 1:0 gegen Dresden hat sich das junge Team schon bewährt. Jetzt kommt es bei Ihrem Heimdebüt zum Kracher mit dem Hamburger SV.
Canadi Der Sieg war hier für alle wichtig. Vor allem für die Köpfe der Spieler. Denn die haben letzte Saison viel einstecken müssen, konnten auswärts kein Match gewinnen. Dazu kein Gegentor bekommen. Letzte Saison kassierten wir insgesamt 70 Gegentreffer. Aber das ist schon wieder vorbei. Heute gegen den HSV brauchen wir erneut eine Topleistung, um zu punkten. Persönlich freue ich mich schon auf das Heimdebüt.
Für den Sieg brauchte es wohl das „System Canadi“: Kompakt in der Defensive, gute Balance nach vorne.
Canadi Während der Vorbereitung habe ich den Ist-Zustand der Mannschaft analysiert und bin mit meinem Trainerteam zum Schluss gekommen, vermehrt an den Basics zu arbeiten. Kompaktes Auftreten, stabile Defensive, gutes Passspiel und strikte Ordnung im Spiel. Nur so bekommen wir Stabilität in unsere Ergebnisse, die ja positiv sein sollen. Aber es mag schon sein, dass einige Leute Parallelen zu meiner Anfangszeit in Altach sehen.
Wissen die Spieler schon, was Sie von ihnen wollen?
Canadi Daran arbeiten wir jeden Tag. Die Truppe ist charakterlich top, eine richtig geile Truppe, die einen guten Zusammenhalt hat. Sie hat auch Humor, ich kann mit ihnen mitlachen, ähnlich wie in Altach.
Vor etwa acht Jahren haben Sie beim FC Lustenau angeheuert. Heute sind Sie Coach des 1. FC Nürnberg. Ein schneller, steiler Aufstieg?
Canadi Puh, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Fakt ist: Es ist sehr viel passiert in dieser Zeit. Aber ob es nach meinen letzten Stationen ein Aufstieg ist, sehen viele Leute etwas differenzierter.
Wer? Warum?
Canadi
Naja, für sportlich
Verantwortliche und Journalisten
aus Griechenland
bin ich jetzt Trainer in einer zweiten Liga. Ich bin innerhalb von fünf Jahren mit kleinen Klubs vier Mal in die Europa-League-Qualifikation eingezogen, deshalb versteht man in Griechenland diesen Schritt nicht. Für uns ist die 2. Liga hier eine tolle Sache. Weil wir ja schon immer nach Deutschland schauen.
Also, warum dann Trainer in Nürnberg in der zweiten Liga?
Canadi Weil ich mir gesagt habe, wenn zweite Liga, dann nur ein Traditionsverein. Und Nürnberg hat ganz große Tradition. Dazu will ich mir selbst beweisen, dass ich auch einen Schritt zurückgehen kann und dennoch weiter erfolgreich arbeite.
Bei Traditionsverein klingelts. Wie Rapid Wien?
Canadi (lacht) Ja, aber das Thema ist für mich erledigt. Vielleicht kann man heute sagen, wenn die Tür damals in Wien nicht zugegangen wäre, gäbe es keinen Nürnberg-Trainer Canadi.
Wie haben Sie sich verändert, seitdem sie das Ländle verlassen haben?
Canadi Ich bin immer noch ich, habe aber viel Erfahrung gesammelt. Bei Rapid, dass man doch nicht nur nach seiner Arbeit beurteilt werden kann. In Griechenland habe ich gelernt, mit Menschen verschiedenster Kulturen erfolgreich zusammenzuarbeiten. Und dann habe ich einen neuen Umgang mit den Medien gelernt. Sachlicher.
Was für Werkzeug nehmen Sie nun für Ihre Zeit in Nürnberg zur Hand?
Canadi Ich war immer schon ein Trainer, der eine Linie vorgibt und dieser konsequent folgt. Davon weiche ich nicht ab, weder im Misserfolg noch im Erfolg. Es geht hier einzig um Entwicklung.
Dafür setzen Sie auf viel Ösi-Power.
Canadi Am Spielersektor habe ich eigentlich nur Andreas Lukse geholt. Lukas Jäger, Georg Margreitter und Jonas Wendlinger waren ja schon da. Nikola Dovedan stand schon lange am Wunschzettel des Klubs. Athletik-Trainer Flo Klausner war auch schon hier, ich habe nur Cotrainer Eric Orie und Video-Analyst Mauro Zoccola mitgenommen. Dass ich auf diese Leute setze, ist klar, wir hatten immer Erfolg und sie sind loyal mir gegenüber. Ganz wichtig in unserem Geschäft.
Nach Altach ist es nicht so weit. Man sieht sie ja oft im Ländle.
Canadi Vorarlberg wird der Hauptwohnsitz meiner Familie, die es in den letzten Jahren oft nicht leicht hatte, bleiben. Wir fühlen uns im Ländle sehr wohl und meine Frau Susi und ich möchten irgendwann mal, wenn ich nicht mehr Trainer bin, von Vorarlberg aus Europa im Wohnmobil erkunden. Das war immer schon mein Traum.
Noch andere Träume?
Canadi Ich habe immer gesagt, dass ich eines Tages einen Verein trainieren möchte, der permanent in der Champions League vertreten ist. Daran arbeite ich. Es kann schnell gehen. Nach Rapid haben viele gemeint, jetzt ist Schluss mit Canadi. Heute bin ich Trainer bei einem der traditionsreichsten Klubs in Deutschland.

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