Die Saison ist bald vorbei
Aus dem anfänglichen Schongang zu Beginn der Skisaison wurde Hoffnung, jetzt versucht man „die Ruhe zu bewahren“ und zu beschwichtigen, wo es nur geht. So tönt es aus den Medien, wenn man dem allgemeinen Tenor der Trainer zu den Leistungen der österreichischen Rennläuferinnen und Rennläufer lauscht. Ich muss zugeben, auch ich hatte im Jänner noch große Hoffnung, dass die ÖSV-Mannschaft wieder an die Spitze stößt, doch es war nur ein kurzes Aufbäumen. Mir kommt vor, die Mannschaft verfällt in eine Art Resignation. Die Trainer hieven zum Beispiel drei dritte Plätze der Damen im Slalom während der gesamten Saison (!) in den Himmel. Über die Absenzen und Ausfälle der Besten schweigt man geflissentlich hinweg.
Dem Übel auf den Grund gehen
Bei den Herren redet man von Pech, schlechtem Wetter, guten Zwischenzeiten und so weiter. Am Ende kommen dann noch Ausreden wie „schlecht geträumt“ und ähnliches dazu. Was soll das?!
Ich weiß, dass auch ein Marcel Hirscher, Benjamin Raich oder Hermann Maier oft mit ungünstigen Gegebenheiten kämpfen mussten. Aber hier steht es ja schon geschrieben. „Kämpfen“. Kämpfen heißt, dem Übel auf den Grund zu gehen. Die mutige Entscheidung zu treffen, alles über den Haufen zu werfen und jedes kleinste Detail zu zerpflücken. Und das aus einem einzigen Grund: Man weiß nicht, woran es liegt. Jeder Athlet hat solche Phasen, und bei mir waren es davon sehr viele und sehr schlimme. Dann muss man innerlich bereit sein die Hosen runterzulassen und Fehler einzugestehen. Nur so kann man die letzten paar Wochen dieser Saison noch nutzen, wenigstens die kommende Saison zu retten. Die heurige ist nach meiner Ansicht verloren. Und daran würde auch ein gewonnener Nationencup nichts ändern.
„Man muss innerlich bereit sein die Hosen runterzulassen und Fehler einzugestehen.“
Marc Girardelli
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Marc Girardelli zählt mit fünf Gesamt-Weltcupsiegen zu den erfolgreichsten alpinen Rennläufern im Skizirkus.