Triumph mit Tränen

Shiffrin feierte beim Riesentorlauf in Courchevel 67. Weltcupsieg, Liensberger Fünfte.
Courchevel Gegen ihre Gefühle hatte Mikaela Shiffrin diesmal keine Chance. Nach dem für sie so emotionalen Sieg beim Riesenslalom von Courchevel ging die amerikanische Skirennfahrerin noch im Ziel in die Knie und weinte drauflos. Die nächstplatzierten Federica Brignone und Tessa Worley versuchten die Amerikanerin zu trösten, aber es musste alles raus. Mehr als zehn Monate nach dem Unfalltod ihres Vaters gewann Shiffrin wieder ein Weltcup-Rennen und schrieb ganz nebenbei noch ein Stück Ski-Geschichte.
Schwer zu erklären
Dass Shiffrin mit dem 67. Weltcup-Sieg in der ewigen Bestenliste zu Marcel Hirscher aufschloss, das spielte für sie zunächst aber keine Rolle. „Es ist schwer zu erklären“, sagte sie nur Minuten nach dem Wettkampf. Dann kam ihre Mutter und ständige Begleiterin Eileen und drückte sie fest. „95 Prozent in mir haben gesagt, dass ich das nicht kann. Aber ein kleiner Teil …“, stammelte Shiffrin und atmete schwer. „Es ist verrückt, jetzt hier zu sein.“ 67 Siege, das klinge „so komisch“, sagte die 25-Jährige im ORF und meinte: „Irgendwie fühlt es sich an wie mein erster Sieg.“
Der 25-jährigen Ausnahmesportlerin, die nach dem Schicksalsschlag im vorigen Winter und der Corona-Pandemie auch manchmal ans Aufhören gedacht hatte, reichten zwei solide und weitgehend fehlerfreie Läufe zum Erfolg. Zudem hatte sie Glück, dass etliche Rivalinnen ausschieden, etwa Petra Vlhova oder Marta Bassino, Siegerin der ersten beiden Riesenslaloms des Winters.
Zudem machte Brignone im zweiten Lauf einen kapitalen Fehler. Am Ende hatte Shiffrin einen Vorsprung von 0,82 Sekunden auf die Italienerin und 1,09 Sekunden auf Lokalmatadorin Worley. „Ich habe nicht gewusst, ob ich noch einmal auf dem Level fahren kann“, sagte sie. „Es braucht so viel Energie. Das ist ein Sieg für mein ganzes Team, für meine Mutter. Ich bin heute nicht allein gefahren.“ Emotional, wenn auch anders als Shiffrin, reagierte Liensberger auf den fünften Rang. Nach Platz acht im ersten Lauf legte sie im zweiten die Bestzeit auf den Hang. „Jetzt noch eine im ersten Durchgang, dann wird es ganz gut aussehen“, sprudelte es aus der 23-Jährigen heraus. „Ergebnismäßig bin ich megahappy. Mir sind coole Schwünge gelungen, darauf kann man aufbauen. Es hat großen Spaß gemacht. Im zweiten Durchgang habe ich vom Start weg versucht, Gas zu geben. Ich habe gemerkt, dass ich die Schwünge gut zum Ziehen bringe. Dann waren welche dabei, da habe ich etwas die Linie verloren. Insgesamt war ein gutes Gefühl da.“
„Es ist verrückt, jetzt hier zu sein. Irgendwie fühlt es sich an wie mein erster Sieg.“


Ski-Weltcup
Damen-Riesentorlauf Courchevel
1. Mikaela Shiffrin (USA) 2:19,63 1:08,32 1:11,31
2. Federica Brignone (ITA) 2:20,45 +0,82 1:08,46 1:11,99
3. Tessa Worley (FRA) 2:20,72 +1,09 1:09,20 1:11,52
4. Michelle Gisin (SUI) 2:20,83 +1,20 1:09,55 1:11,28
5. Katharina Liensberger (AUT) 2:21,17 +1,54 1:10,03 1:11,14
6. Stephanie Brunner (AUT) 2:21,44 +1,81 1:09,02 1:12,42
7. Lara Gut-Behrami (SUI) 2:21,72 +2,09 1:10,04 1:11,68
8. Ricarda Haaser (AUT) 2:21,89 +2,26 1:10,52 1:11,37
9. Sofia Goggia (ITA) 2:21,90 +2,27 1:10,55 1:11,35
10. Sara Hector (SWE) 2:21,92 +2,29 1:09,82 1:12,10
11. Maryna Gasienica-Daniel (POL) 2:22,05 +2,42 1:10,86 1:11,19
12. Katharina Truppe (AUT) 2:22,10 +2,47 1:10,44 1:11,66
13. Ramona Siebenhofer (AUT) 2:22,83 +3,20 1:10,62 1:12,21
14. Elena Curtoni (ITA) 2:22,90 +3,27 1:11,11 1:11,79
15. Maria Therese Tviberg (NOR) 2:23,10 +3,47 1:11,83 1:11,27
16. Tina Robnik (SLO) 2:23,21 +3,58 1:10,68 1:12,53
17. Adriana Jelinkova (NED) 2:23,25 +3,62 1:10,75 1:12,50
18. Franziska Gritsch (AUT) 2:23,46 +3,83 1:11,83 1:11,63
24. Elisa Mörzinger (AUT) 2:24,37 +4,74 1:11,63 1:12,74
28. Eva-Maria Brem (AUT) 2:24,71 +5,08 1:11,60 1:13,11
Ausgeschieden im 1. Durchgang: Nadine Fest (AUT), Alice Robinson (NZL), Thea Louise Stjernesund (NOR), Alexandra Tilley (GBR), Petra Vlhova (SVK), Marlene Schmotz (GER), Mina Fürst Holtmann (NOR)
Nicht für 2. Durchgang qualifiziert: 33. Julia Scheib (AUT) 1:11,87 +3,55, 43. Katharina Huber (AUT) 1:12,98 +4,66. Ausgeschieden im 2. Durchgang: Kaja Norbye (NOR), Marta Bassino (ITA)