Coronachaos um Polens Skisprungstars

Nach positivem Coronatest von Muranka fehlen Stoch, Kubacki und Co. bei der Vierschanzentournee.
Oberstdorf Das Coronachaos ist da, die 69. Auflage der Vierschanzentournee im Skispringen droht endgültig zu einer ganz traurigen Veranstaltung zu werden. Am Tag des Qualifikationsbewerbes für das Auftaktspringen in Oberstdorf gaben die Organisatoren unter dem Titel „Paukenschlag“ den Ausschluss der gesamten polnischen Mannschaft bekannt. Nach dem positiven Coronatest ihres Teamkollegen Klemens Muranka (26) dürfen auch die Favoriten Kamil Stoch (33) und Vorjahrssieger Dawid Kubacki (30) nicht an den Start gehen. Wer auch immer nun die Tournee gewinnt, seinem Sieg wird ein dicker Makel anhaften.
Beschluss der Behörde
„Wir bedauern diese Entscheidung sehr, doch zum Schutz aller anderen Athleten blieb dem Gesundheitsamt keine andere Wahl. Auf Beschluss der Behörde können wir das polnische Team nicht in Oberstdorf starten lassen“, sagte Florian Stern, Generalsekretär beim Auftaktspringen in Oberstdorf.
Weil die Polen ihren Ausschluss nach Aussage eines ihrer Sprecher erst durch die Presseaussendung der Veranstalter erfuhren, herrschte dicke Luft. Adam Malysz (43), polnische Skisprunglegende und Sportdirektor, hatte sich schon am Vorabend sehr zerknirscht gegeben. „Noch vor zwei Tagen hatten wir daheim in Nowy Targ einen Test, dort waren alle Ergebnisse negativ. Es ist seltsam“, sagte Malysz.
Laut der Zeitung Przeglad Sportowy habe der positive Test bei Muranka, der am Sonntagabend bekannt wurde, eine nur geringe Viruslast angezeigt. Muranka, der symptomfrei war, ging sofort in die Isolation. Am Montagmorgen seien dann Mitarbeiter des Gesundheitsamtes im Teamhotel der Polen erschienen, um erneute Tests durchzuführen. Diese seien wie die vom Veranstalter bestätigten Testergebnisse am Sonntag negativ ausgefallen. Laut Veranstalter zählen Murankas Teamkollegen aber zur „Kontaktgruppe 1. Das bedeutet: Sie hatten entweder über 15 Minuten lang direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht oder waren über 30 Minuten lang gemeinsam in einem geschlossenen Raum oder auch Fahrzeug.“
Gesamtes Team betroffen
Nach Rücksprache mit den örtlichen Gesundheitsbehörden fuhren die Organisatoren die harte Linie, die bislang bei Coronafällen im Weltcup verfolgt wurde – ein positiver Fall im Wettkampf-Umfeld bedeutet das Aus für das gesamte Team. Damit waren Titelverteidiger Kubacki und der zweimalige Tourneesieger Stoch raus.
Gleiches war in diesem Winter bereits den Tschechen in Nischni Tagil passiert. Die Österreicher um Gesamtweltcupsieger Stefan Kraft zogen nach dem Auftakt in Wisla nach einer ganzen Reihe an Positivfällen geschlossen ihr A-Team zurück. Der positive Test des deutschen Stars Karl Geiger hatte indes keine Konsequenzen für den Rest des Teams, da dieser verbandsintern und abseits eines Wettkampfwochenendes genommen wurde.
Muranka selbst gab sich in den sozialen Medien untröstlich. „Es tut mir leid, aber es ist nun mal passiert“, schrieb der 26-Jährige, der polnischen Verbandsangaben zufolge nach wie vor symptomfrei ist. Aktuelle Bilder Murankas, der nicht zu Polens besten Springern zählt, lassen derweil darauf schließen, dass dieser die Hygieneregeln zumindest nicht fanatisch befolgte. Auf einem Foto bei der Skiflug-WM in Planica am 10. Dezember sieht man Muranka mit weit unterhalb der Nase platzierter Schutzmaske am Schanzenauslauf entlanggehen.
Im welchem Umfang das polnische Team in Quarantäne muss, ist noch offen. „Es besteht die Chance, dass Polen wieder in die Tournee einsteigen kann“, sagte Stern. Es wäre für Stoch und Co. ein schwacher Trost: Aus dem Kampf um den Tourneesieg sind sie raus.
Aschenwald vor Granerud
In der bei starkem Schneefall ausgetragenen Qualifikation war der Tiroler Philipp Aschenwald mit einem Sprung auf 128,5 m und 134,9 Punkten der Beste vor dem norwegischen Saisondominator Halvor Egner Granerud (1123,8). Daniel Huber wurde Vierter (123,3), Stefan Kraft Elfter (114,7).

SKISPRINGEN 69. Vierschanzentournee 2020/21
1. Bewerb: Oberstdorf Schattenberg-Arena
Schanzenrekord: Sigurd Pettersen mit 143,5 m
Dienstag, 29. Dezember: 1. Tourneespringen (16.30 Uhr)
2. Bewerb: Garmisch-Partenkirchen Olympiaschanze
Schanzenrekord: Simon Ammann und Marius Lindvik mit 143,5 m
Dienstag, 31. Dezember: Qualifikation (14 Uhr)
Mittwoch, 1. Jänner: 2. Tourneespringen (14 Uhr)
3. Bewerb: Innsbruck Bergisel-Stadion
Schanzenrekord: Michael Hayböck mit 138 m
Freitag, 2. Jänner: Qualifikation (13.30 Uhr)
Samstag, 3. Jänner: 3. Tourneespringen (13.30 Uhr)
4. Bewerb: Bischofshofen Paul-Außerleitner-Schanze
Schanzenrekord: Dawid Kubacki mit 145 m
Sonntag, 5. Jänner: Qualifikation (16.30 Uhr)
Montag, 6. Jänner: 4. Tourneespringen (16.45 Uhr)
Oberstdorf, Qualikation: 1. Philipp Aschenwald (AUT) 134,9 Punkte (128,5 Meter), 2. Halvor Egner Granerud (NOR) 123,8 (122,0), 3. Cene Prevc (SLO) 123,5 (122,0), 4. Daniel Huber (AUT) 123,3 (127,5), 5. Ryoyu Kobayashi (JPN) 122,5 (122,5), 11. Stefan Kraft 114,7 (116,5), 16. Michael Hayböck 111,8 (113,0) 22. Jan Hörl 109,6 (113,0), 31. Markus Schiffner 100,4 (110,0) 36. Thomas Lackner (alle AUT) 96,6 (107,5)
Die wichtigsten K.-o.-Duelle im ersten Durchgang am Dienstag (16.30 Uhr, live ORF eins): Aschenwald – Dominik Peter (SUI), Granerud – Mathis Contamine (FRA), Huber – Yukiya Sato (JPN), Kraft – Johann Andre Forfang (NOR), Hayböck – Viktor Polasek (CZE), Hörl – Martin Hamann (GER), Schiffner – Marius Lindvik (NOR), Lackner – Artti Aigro (EST)