Lokalmatador spielt die erste Geige

Karl Geiger triumphiert beim Tourneeauftakt in Oberstdorf. Stefan Kraft mit Rang sechs.
Oberstdorf Karl Geiger hat in seiner Heimatgemeinde Oberstdorf das Auftaktspringen der Vierschanzentournee gewonnen und damit die Hoffnung auf den ersten Gesamtsieg eines Deutschen seit Sven Hannawald (2001/02) genährt. Der zuletzt mit Corona infizierte Geiger setzte sich mit 2,8 Punkten vor Kamil Stoch durch. Der Pole schreib damit sein ganz eigenes Märchen: Erst wenige Stunden zuvor hatte das polnische Team nach dem Corona-Chaos und der Sperre vom Vortag doch die Freigabe bekommen.
Mit den beiden Norwegern Marius Lindvik und Halvor Egner Granerud sowie dem Deutschen Markus Eisenbichler landeten weitere Mitfavoriten der 69. Auflage auf den Rängen drei bis fünf. Österreichs Skispringer fielen in der Entscheidung kollektiv zurück, Stefan Kraft wurde als Sechster einmal mehr bester Österreicher. Vor dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen hat Kraft 17,5 Punkte Rückstand auf Geiger.
Der Halbzeit-Dritte Philipp Aschenwald (Rückstand 18,1 Punkte) wurde Achter, Jan Hörl (-24,4) und Daniel Huber (-25,4) belegten die Plätzen elf und 13. Thomas Lackner (-39,6) sprang beim Tournee-Debüt als 24. in die Punkteränge. Markus Schiffner (42.) und Michael Hayböck (48.) hatten das Finale der Top 30 verpasst. Eisenbichler rutschte als 27. gerade noch ins Finale, ließ dort aber mit einem fulminanten 142-m-Satz die Tagesbestweite folgen, wodurch er nur 1,5 m unter dem Schanzenrekord blieb.
Die ÖSV-Springer konnten ihre vielversprechenden Positionen nach dem ersten Durchgang nicht beibehalten. Vor den letzten zehn Springern, zu denen auch Hörl, Kraft und Aschenwald gehörten, verkürzte die Jury den Anlauf bei stärkerem Rückenwind um zwei Luken. Hörl (123,5 m) büßte vier, Aschenwald (127,0 m) fünf und Kraft (125,0 m) eine Position ein.
Krafts Freude war mit Platz sechs nach einer Coronazwangspause und den Rückenproblemen groß. „Sechster, genial – ein Traumauftakt“, jubelte der Salzburger, haderte gleichzeitig aber mit der Jury-Entscheidung und Windpech. „Wenn der ‚Eisei‘ von zwei Luken mehr keine Minuspunkte kriegt und ich von zwei Luken weniger plus acht (Windkompensation), dann ist es nicht ganz fair“, sagte der Weltcup-Titelverteidiger nach seinem erst zweiten Einzelbewerb der Saison.
Hayböck erlebte hingegen gleich eine Enttäuschung. Mit Rang 48 verpasste der Skiflug-WM-Vierte den zweiten Durchgang, ein Toprang in der Gesamtwertung ist damit außer Reichweite. Eine Erklärung hatte Hayböck zunächst nicht: „Es war ein komischer Sprung. Ich habe gleich gemerkt, dass irgendwas nicht zusammenpasst.“ Auch Huber war nicht gänzlich zufrieden. „Ganz stimmig ist es nicht. Es braucht Bomben, dass man da (vorne) mitspringt.“
Rückkehr nach 22 Stunden
Mit dabei waren nach einer Kehrtwende über Nacht auch die Polen um den Tageszweiten Stoch und Vorjahrssieger Dawid Kubacki, der Rang 15 belegte. Das Team war am Montag zwar nach einem positiven Coronatest von Klemens Muranka (30.) vom ersten Bewerb ausgeschlossen worden, durfte nach zwei weiteren negativen Testreihen aber die Quarantäne verlassen und springen. Der erste Durchgang ging deshalb mit allen 62 gemeldeten Teilnehmern in Szene, auf das geplante K.-o.-System wurde verzichtet.
Ein Dilemma droht bei den nächsten Stationen aber dennoch: Werden bei weiteren Serientestungen Infizierte unter den Sportlern entdeckt, könnten Nationen den ‚polnischen Weg‘ mit weiteren Tests wählen. Im Hygienekonzept ist so etwas aber eigentlich nicht vorgesehen.
„Es war brutal, zwei saugute Sprünge. Wenn Fans da wären, wäre es noch perfekter.“



SKISPRINGEN 69. Vierschanzentournee 2020/21
1. Bewerb in Oberstdorf Pkte. Diff. 1. DG 2. DG
1. Karl Geiger (GER) 291,1 127,0 136,5
2. Kamil Stoch (POL) 288,3 -2,8 125,0 132,5
3. Marius Lindvik (NOR) 285,2 -5,9 126,5 135,5
4. Halvor Egner Granerud (NOR) 280,1 -11,0 122,0 131,0
5. Markus Eisenbichler (GER) 274,3 -1,68 118,0 142,0
6. Stefan Kraft (AUT) 273,6 -17,5 126,5 125,0
7. Andrzej Stekala (POL) 273,3 -17,8 123,0 136,5
8. Philipp Aschenwald (AUT) 273,0 -18,1 130,0 127,0
9. Anze Lanisek (SLO) 270,1 -21,0 120,5 135,5
10. Ziga Jelar (SLO) 269,8 -21,3 128,0 124,0
11. Jan Hörl (AUT) 266,7 -24,4 129,0 123,5
12. Domen Prevc (SLO) 266,2 -24,9 129,0 126,5
13. Daniel Huber (AUT) 265,4 -25,7 121,0 127,5
14. Ryoyu Kobayashi (JPN) 265,2 -25,9 123,0 128,0
15. Dawid Kubacki (POL) 264,3 -26,8 122,0 126,5
24. Thomas Lackner (AUT) 251,5 -39,6 124,5 128,0
Nicht für den 2. Durchgang qualifiziert u. a.: 42. Markus Schiffner (AUT) 118,5 m/112,7 Pkte.,
48. Michael Hayböck (AUT) 112,5/108,0
2. Bewerb: Garmisch-Partenkirchen
Dienstag, 31. Dezember: Qualifikation (14 Uhr)
Mittwoch, 1. Jänner: 2. Tourneespringen (14 Uhr)
Weltcup-Gesamtwertung (8 Bewerbe)
1. Halvor Egner Granerud (NOR) 650 Pkte.
2. Markus Eisenbichler (GER) 508
3. Kamil Stoch (POL) 258
4. Piotr Zyla (POL) 248
5. Anze Lanisek (SLO) 248
6. Robert Johansson (NOR) 244
7. Karl Geiger (GER) 241
8. Dawid Kubacki (POL) 221
9. Pius Paschke (GER) 212
10. Yukiya Sato (JPN) 206
11. Daniel Huber (AUT) 202
24. Philipp Aschenwald (AUT) 66
25. Michael Hayböck (AUT) 63
27. Thomas Lackner (AUT) 62
33. Markus Schiffner (AUT) 53
37. Stefan Kraft (AUT) 40
45. Jan Hörl (AUT) 24
Nationencup
1. Norwegen 1596 Punkte, 2. Deutschland 1547, 3. Polen 1348, 4. Österreich 970,
5. Slowenien 832, 6. Japan 716