Die vielen Verletzten machen Sorgen

FIS-Arbeitsgruppe verfolgt Änderungen im alpinen Rennsport.
Kitzbühel Nachdem es mit Aleksander Aamodt Kilde nun auch den Gesamtweltcupsieger erwischt hat, werden die von Corona gebremsten Arbeitsgruppen der FIS rund um Atle Skaardal und Pernilla Wiberg (Ausrüstung) wieder aktiv. Bei Zoom-Konferenzen soll das Thema Verletzungsprävention angegangen werden. ÖSV-Sportdirektor Toni Giger plädiert dabei für einen Paradigmenwechsel. Ziel sei, künftig mit weniger aggressivem Material schneller zu sein.
Was ist umsetzbar?
Bisher, so Giger, habe man lediglich auf Material-Regulierungen gesetzt. Firmen und Serviceleute hätten aber immer gleich reagiert und eine regulierte Komponente kompensiert, indem man dafür andere Teile der Ausrüstung aggressiver gemacht habe. „Macht man einen Lauf enger und drehender, wird im ersten Moment die Geschwindigkeit geringer. Allerdings mit dem Beiprodukt, dass das Material aggressiver wird“, beschreibt Giger das Problem.
Auf die Radius-Erweiterung der Riesentorlauf-Ski auf 35 Meter etwa habe man mit verschärftem, bodenseitigen Skituning sowie aggressiveren Skischuhen reagiert. „Das funktioniert. Aber nur so lange, bis der Athlet einen Fehler macht.“
Deshalb sollen nun künftig alle Parameter des Skirennlaufs miteinbezogen werden. „Die Frage ist, wie soll alles miteinander aussehen, dass man mit weniger aggressivem Material schneller wäre und dieses deshalb auch einsetzen würde?“, erklärt der 57-jährige Salzburger. Die Leitung der Abteilung für Entwicklung, Forschung und Innovation im ÖSV hat Giger schon seit 2010 inne.Mithilfe von Ski- , Schuh- und Tuningexperten soll nun eine Liste mit relevanten Parametern erstellt werden. Giger: „Mit diesem Katalog gehen wir dann zu den Kurssetzern und Renndirektoren und schauen uns an, was umsetzbar ist. Es ist insgesamt der umgekehrte Weg wie bisher.“
Die aktuelle Initiative hat als Hintergrund, dass es in diesem Winter neben Kilde schon mehrere schwere Renn- oder Trainingsunfälle gegeben hat. Betroffen sind etwa Kildes norwegische Teamkollegen Lucas Braathen und Atle Lie McGrath, aber auch der US-Amerikaner Tommy Ford. Bei den Frauen hat es am schwersten die Steirerin Nicole Schmidhofer erwischt, auch für ihre Salzburger Landsfrau Bernadette Schild und Alice McKennis (USA) ist die Saison zu Ende. Die Schwedin Anna Swenn Larsson erlitt beim Training einen Knöchelbruch. Auch die Schweizer Mauro Caviezel, Niels Hintermann und Reto Schmidiger sind in Zwangspausen. Nicht immer ist die Verletzung freilich allein dem Material zuzuschreiben.
„Verletzungen wird man natürlich nie verhindern können. Aber wir haben gesehen, dass aggressives Material schwerer zu bändigen ist. Meist genügt ein kleiner Fehler des Athleten für große Folgeerscheinungen“, weiß Giger. Ob grundsätzlich ein neues Unfallmuster erkennbar sei, wollte der Skiexperte auf Anfrage der Austria Presse Agentur aber nicht kommentieren. „Da möchte ich nicht vorgreifen. Das wird von der Uni Innsbruck gerade analysiert und evaluiert.“
„Aggressives Material ist schwer zu bändigen. Ein kleiner Athleten-Fehler hat große Folgen.“