Kriechmayr setzt in der Abfahrt Gold drauf

WM-Triumph mit einem Hundertstel Vorsprung auf Sander.
Cortina d‘Ampezzo Das lange Warten Österreichs auf Herren-Abfahrtsgold hat ein Ende. Vincent Kriechmayr gewann drei Tage nach dem Super-G in Cortina d‘Ampezzo auch die Abfahrt, ein Hundertstel vor dem Deutschen Andreas Sander. Beat Feuz (Sui/0,18) wurde Dritter. Kriechmayr machte sich damit auch zum erst dritten Speed-Double Gewinner der WM-Geschichte. Der Oberösterreicher ist nach Michael Walchhofer 2003 in St. Moritz zudem der erste ÖSV-Abfahrtsweltmeister seit 18 Jahren.
Die Nummer zwei nährte Zweifel
Die vierte WM-Medaillenentscheidung, die zweite bei den Herren, ging wieder bei Prachtwetter in Szene. Kriechmayr hatte sich für Startnummer eins entschieden und wuchtete sich damit als Erster aus dem nur über Hunderte in den Schnee geschlagenen Stufen erreichbaren Abfahrtsstart. Trotz leichter Probleme in der Traverse lieferte der Oberösterreicher auf der kurvigen „Vertigine“ eine insgesamt starke Fahrt ab.
Gleich nach ihm kam aber Außenseiter Sander bis auf ein Hundertstel an den Österreicher heran, was doch Zweifel an einem möglichen Goldgewinn aufkommen ließ. Danach blieb aber der Trainingsschnellste Dominik Paris klar zurück und als auch Doppel-Olympiasieger Matthias Mayer nach anfänglich starker Fahrt in der Traverse an einem Tor vorbeischlitterte, sowie auch Feuz zurückblieb, war für den Oberösterreicher das erste Bangen im Ziel überstanden.
Kriechmayr führt schon vor Sander und Feuz, als mit Max Franz (Startnummer 10) die Dramatik wieder Fahrt aufnahm. Allerdings blieb auch der risikofreudige Kärntner („Viele kleine Fehler, es ist nicht wirklich rund gelaufen“) deutlich zurück und wurde letztlich 13. Gleiches passierte auch mit Otmar Striedinger (19.) Österreichs letzter Kugel im Lauf.
Nur Marco Odermatt ließ mit Startnummer 18 und seiner Fahrt auf Platz vier das Podesttrio noch einmal kräftig zittern. Rückblickend war im Königsbewerb der Herren der Kampf um Gold mit Kriechmayr (Nummer 1) vor Sander (2) nach gerade einmal drei Minuten entschieden gewesen.
Erstmals seit Pirmin Zurbriggen 1985 holte mit Kriechmayr wieder ein Fahrer mit Startnummer eins WM-Abfahrtsgold und zwar die 17. für Österreich. „Ich kann‘s noch nicht realisieren, es ist alles noch etwas unwirklich. Es war ein verrücktes Rennen und als der Sander im Ziel war, habe ich nicht gedacht, dass wir beide am Podium sind“, gestand der frisch gebackene Doppel-Weltmeister im Ziel.
„Aber ich bin von oben weg wirklich gut gefahren, allerdings auch einige Male aus der Hocke gekommen. Obwohl es sehr kurvig war, habe ich eine richtige Abfahrt gewonnen. Engere Radien gehören im Abfahrtssport auch dazu“, meinte der 29-jährige Österreicher, der auch gestand: „Oben war es ein bissl windig. Vielleicht war der Herrgott heute auf meiner Seite.“
Minirückstand tut nicht weh
ÖSV-Herrenchef Andreas Puelacher meinte: „Wenn du eine Goldmedaille hast, ist der zweite Bewerb ein bissl leichter. Mit so einem Selbstvertrauen kannst du auch die Startnummer eins nehmen.“ Puelacher gestand aber, wegen der nicht optimal gewähnten Fahrt Kriechmayrs und Sanders minimalem Rückstand zunächst geglaubt zu haben, „dass sich das eher nicht ausgeht“.
Sander war wie vor ihm Romed Baumann im Super-G und Kira Weidle in der Damenabfahrt eine erneute Silber-Sensation aus Deutschland, war doch sein erster Podestplatz gleichbedeutend mit einer Medaille. „Das Hundertstel tut wirklich nicht weh“, freute sich der „Flachländer“ aus Westfalen. Feuz freute sich auch über Bronze. „Wir haben aber einen verdienten Goldmedaillisten, der Vincent hat‘s verdient gewonnen.“
„Mit so einem Selbstvertrauen kannst du auch die Startnummer eins nehmen.“
Zur Person
Vincent Kriechmayr
kürte sich in Cortina d‘Ampezzo in Super-G und Abfahrt zum Weltmeister
Geboren 1. Oktober 1991 in Linz
Wohnort Linz
Freundin Michaela Heider (A-Kader)
Verein TVN Wels
Größte Erfolge
WM (2/1/1): Gold Abfahrt und Super-G Cortina 2021
Silber Super-G Aare 2019
Bronze Abfahrt Aare 2019
5. Super-G, 8. Kombination St. Moritz 2017
Olympia: 6. Super-G. 7. Abfahrt Pyeongchang 2018
Weltcup: 8 Siege (6 Super-G, 2 Abfahrt)
Junioren-WM: Silber Riesentorlauf Crans Montana 2011
Europacup: 3 Siege
Kombinations-Gesamtsieger 2011/12